Freundlichkeit macht Bücherfreunde

StudentInnen und Uni-AbsolventInnen haben in einer kleinen iranischen Stadt ein großes Zeichen gesetzt. Sie setzen sich für die Verbesserung der Lesekultur von Kindern ein. Unter dem Motto „Freundlichkeit“ versuchen sie, Schulkinder für Literatur und Kultur zu interessieren.

Lesen, Kunst, Kultur: Dafür will die nichtstaatliche Organisation Vira (auf deutsch: klug) die Schulkinder in der westiranischen Stadt Ilam begeistern. Die im September 2013 von StudentInnen und HochschulabsolventInnen gegründete NGO organisierte anfangs Lesungen in öffentlichen Parks, um das Interesse von Kindern an Büchern zu wecken. Heute gehören auch kulturelle Ausflüge, gemeinsames Filmeschauen, Straßentheater und Fotografie-Workshops zu den wöchentlichen Angeboten.

Buchkultur im Niedergang

Bei den Vira-Aktivitäten sind Bücher die einzigen Geschenke. Und das in einem Land, in dem kaum noch Bücher gelesen werden. Statistiken zufolge lesen die IranerInnen durchschnittlich zwei bis achtzehn Minuten pro Tag, wobei zu den achtzehn Minuten auch Lernen und Studieren gezählt würden, wie Kritiker anmerken.

Traditionelles Straßentheater für Kinder, organisiert durch Vira
Traditionelles Straßentheater für Kinder, organisiert durch Vira

Zwischen 2001 und 2011 hat sich die durchschnittliche Auflagenhöhe von Büchern im Iran halbiert. Die unabhängige Organisation „Haus des Buches“ (Khane Ketab) beobachtet die Entwicklung des Büchermarkts im Iran. Sie gab 2014 bekannt, dass die Auflagenhöhe der veröffentlichten Bücher im Jahr 2014 im Vergleich zu 2013 um 24 Prozent zurückgegangen ist.

Die MitarbeiterInnen von Vira besuchen die Kinder zu Hause und leihen ihnen Bücher aus. Auch werden die Kinder zu unterschiedlichen Anlässen mit Büchern beschenkt.

Filmtage in einer Stadt ohne Kinos 

Ilam hat mehr als 170.000 EinwohnerInnen, aber keinen einzigen Kinosaal. Das einzige Kino der Stadt wurde im vergangenen Jahr abgerissen. Der moderne Saal, der das vierzig Jahre alte Gebäude ersetzen sollte, wurde bislang nicht gebaut.

Die Anzahl der Kinosäle ist im Iran ohnehin von internationalen Normen weit entfernt. Laut dem iranischen Verband der Kinobesitzer kommen auf jeden Vorführsaal 303.000 IranerInnen. Weltweit sind es durchschnittlich 10.000 Menschen pro Kino. Um diese Lücke zu schließen, organisiert Vira auch Filmtage für Schulkinder. Im Anschluss an jede Vorführung wird über den Film diskutiert.

Begegnung mit dem Kulturerbe

"Seien wir nett zueinander und zu unserem Kulturerbe!"
„Seien wir nett zueinander und zu unserem Kulturerbe!“

„Freundlichkeit“ ist das Motto von Vira. Bei den Ausflügen besuchen die Kinder unter dem Motto „Freundlich mit dem Kulturerbe“ Kulturstätten oder Museen ihrer Stadt. Viele SchülerInnen hätten die kulturellen Schätze Ilams erst dadurch kennengelernt, so die OrganisatorInnen.

So könnte die junge Generation ein anderes Bewusstsein für das Kulturerbe ihres Landes entwickeln. Iranische Medien zeigen immer wieder Bilder von Denkmälern, die am Zerfallen oder mit Kohle oder Spray beschmutzt worden sind.

Vira bekommt keine staatliche Unterstützung und finanziert ihre Arbeit durch Spenden. Die AktivistInnen engagieren sich ehrenamtlich. Ihre Motivation ist nach eigener Angabe, die Hoffnung auf eine positive Veränderung der Kultur des Lesens und des Lernens.

Quelle: Deutsche Welle

Übertragen aus dem Persischen und überarbeitet von Iman Aslani