Proteste ebben ab

Nach massiver Stationierung von Sicherheitskräften in den Unruhegebieten scheint das Ausmaß der Proteste im Iran abzunehmen.

Die letzten schweren Zusammenstöße zwischen Demonstranten und Polizei habe es in der Nacht zum Mittwoch in der Stadt Dezful gegeben, schreiben iranische Nachrichtenseiten. Laut der staatlichen iranischen Nachrichtenagentur IRNA soll sich am Mittwoch die Lage auch dort beruhigt haben.

Augenzeugen berichten von vereinzelten Demonstrationen in anderen Städten. Die Stadtverwaltung der Großstadt Shiraz teilte mit, dass es am Mittwoch in der ganzen Stadt keine „Unruhen“ gegeben habe. Dennoch soll es in verschiedenen Bezirken der Stadt zu Menschenansammlungen gekommen sein, berichten Augenzeugen.

In den letzten zwei Tagen war die Stadt Shahriar Zeugin der heftigsten Proteste. Laut Berichten in sozialen Netzwerken und Videos, die auf unbekannten Wegen ins Internet gelangt sind, griffen die Demonstranten in Shahriar auch Banken und Polizeistationen an. Das sei geschehen, nachdem die Polizei auf die Menge geschossen habe.

Das Internet ist immer noch im ganzen Land lahmgelegt. NetBlock.org, ein internationales Netzwerk von Internetbeobachtern, teilte am Mittwoch mit, dass die Internetkommunikation im Iran auf vier Prozent gesunken sei. Laut IRNA hat in unterschiedlichen Bereichen des öffentlichen Lebens zu Verzögerungen und Arbeitsniederlegungen geführt. Die Nachrichtenagentur MEHR bezifferte die Schäden durch den Ausfall des Internets auf 2.300 Milliarden Tuman (etwa 200 Millionen US-Dollar).

Präsident Hassan Rouhani bezeichnete die Protestierenden am Mittwoch als „Unruhestifter“, die „bewaffnet und organisiert nach den Plänen von Israel und den USA“ agierten.

Reformorientierte Politiker*innen warnen die Regierung davor, die Gründe der Unruhen zu leugnen. Statt dessen sollten sie nach Lösungen für die Probleme der Menschen suchen, die sie als Marionetten der ausländischen Mächte abstempelten. Abolfazl Ghadiani verwies auf die „verheerende ökonomische Lage der Menschen“ und machte Staatsoberhaupt Ali Khamenei dafür und für die Tötung von Demonstrant*innen verantwortlich.

Nach Angaben von Amnesty International wurden bei den Unruhen seit Freitag mehr als 106 Menschen getötet und etwa 3.000 verwundet. Die Regierung schweigt bisher über Opferzahlen.  (fp)

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