Was Freiburg und Isfahan verbindet

Auch Städtepartnerschaften gehören zu den zwischen Deutschland und dem Iran geknüpften Beziehungen. Vier Städte in Deutschland und dem Iran sind solche Partnerschaften eingegangen. Zwei davon verbindet man mit zwei weltbekannten Literaten.

Von Mahindokht Mesbah

Auf dem Beethoven-Platz am Rande der Altstadt von Weimar, in der Nähe des einstigen Hauses von Johann Wolfgang von Goethe, stehen sich zwei aus einem Granitblock geschnittene Stühle gegenüber. Das von der UNESCO gestiftete Denkmal soll die Kommunikation zwischen Kulturen, kulturelle Toleranz und Völkerverständigung symbolisieren. Es wurde anlässlich des Internationalen Jahres des Dialogs der Kulturen im Jahr 2000 von Mohammed Chatami, dem damaligen Staatspräsidenten der Islamischen Republik Iran, und seinem damaligen deutschen Amtskollegen Johannes Rau eingeweiht.
Die Stühle stehen auf einer bronzenen Sockelplatte, die mit persischer Ornamentik verziert ist. Die Platte ist darüber hinaus mit einigen Versen von Hafis und Goethe geschmückt: „Wer sich selbst und Andre kennt, wird auch hier erkennen: Orient und Okzident sind nicht mehr zu trennen“ – Goethe.

Freiburg und Isfahan

Auch in Freiburg verziert eine Tafel mit persischen Motiven die Fußgängerzone vor dem Rathaus. Die Tafel erinnert an die Partnerschaft der südwestdeutschen Stadt mit der Stadt Isfahan im Zentraliran. In beiden Ortschaften gibt es Straßen, die den Namen der Partnerstadt tragen. In Isfahan gibt es auch eine Kreuzung mit dem Namen Freiburg. Das Rathaus in Isfahan wurde vor 100 Jahren ebenfalls in Zusammenarbeit mit Fachleuten aus Deutschland gebaut.
Die Partnerschaft zwischen beiden Städten wurde allerdings von Anfang an von einigen exilierten Regimekritikern, Menschenrechtlern sowie zum Teil von deutschen Medien kritisiert. Die Kritik führte bislang jedoch nicht zum Abbruch der Partnerschaft.

Trip nach Isfahan:

Weimar und Schiraz

Neun Jahre nach der Einweihung des Denkmals für Hafis und Goethe unterzeichneten Weimar und Hafis‘ iranische Heimatstadt Schiraz einen Partnerschaftsvertrag. Daraufhin wurde das jährlich stattfindende Festival „West-Östlicher Divan Weimar“ von dem Architekturhistoriker und Autor Klaus Gallas gegründet; Frank-Walter Steinmeier, damals deutscher Außenminister, wurde Ehrenvorsitzender. Gallas warnte damals davor, den Iran und die Iraner*innen nur mit Politik in Verbindung zu bringen: „Durch Musik, Kunst, Dialog und Kennenlernen verschwinden die Ängste und Vorurteile und es entstehen Beziehungen zwischen den Kulturen“, so der Kulturmanager.
Im gleichen Jahr gründete der in Deutschland geborene Iraner Pirusan Mahboob das Iranhaus in Weimar. Es organisiert Literaturabende, Musikveranstaltungen, aber auch Reisen in den Iran unter dem Namen „Frieden und Nouruz“ (das persische Neujahrsfest). Auf der ersten Reise 2011 pflanzte der Weimarer Oberbürgermeister Stefan Wolf einen Ginkgobaum neben dem Grab von Hafis. Er wünsche sich, dass eines Tages solche Bäume im ganzen Iran gepflanzt würden und sich andere deutsche Städte an der Partnerschaft Schiraz-Weimar ein Beispiel nehmen würden, so Wolf damals.

Ein Baum der Freundschaft

Während der zehnjährigen Städtepartnerschaft wurden bisher vier Gruppenreisen in den Iran unternommen. „Die erste Gruppe besuchte 2011 den Iran. Damals haben viele mit einem Krieg gegen das Land gerechnet. Doch die Liebe zu Hafis und Goethe führte dazu, dass wir mit Künstler*innen aus Erfurt und Weimar in den Iran reisten – ein dreizehnköpfiges Gremium aus Stadtratsmitgliedern, Parteien und Kulturschaffenden. Wir waren in Teheran, Hamadan, Dezful, Schusch und Schiraz und haben den Goethe-Baum Ginkgo eingepflanzt. Musikprogramme aus beiden Ländern wurden in Schiraz veranstaltet“, erinnert sich Pirusan Mahboob gegenüber dem Iran Journal.
In diesem Jahr bereitet sich das Iranhaus auf das zweihundertste Geburtsjahr eines besonderen Gedichtbands von Goethe, dem West-Östlichen Divan, vor. „Die meisten der vierhundert Mitglieder des Iranhauses in Weimar haben sich freiwillig engagiert, damit die Verbindung Goethe-Hafis erhalten bleibt. Auch der Oberbürgermeister hat Hilfe und Unterstützung versprochen“, erzählt Pirusan Mahboob.

Trip nach Schiraz:

Kultur und Wissenschaft

Die Hintergrunde der Städtepartnerschaften sind unterschiedlich. Während Isfahan und Freiburg eher auf wissenschaftliche und wirtschaftliche Beziehungen setzen, verbinden Weimar und Schiraz Kunst und Literatur.
Die Universität Freiburg kooperiert mit der Universität und der Technischen Universität in Isfahan, der Kunsthochschule und der Isfahaner Universität für medizinische Wissenschaften. Es gibt Studentenaustausche zwischen den Standorten. Außerdem profitiert das Forschungszentrum für Energie in Isfahan von der Kooperation mit dem Zentrum für Solarenergie in Freiburg. Der Freundeskreis Freiburg-Isfahan e.V. ist eine der aktivsten iranischen Organisationen in Deutschland.
Politik und Meinungsverschiedenheiten beider Stadträte werfen allerdings Schatten auf die Entwicklung engerer Beziehungen. Trotz erster Einigungen wurde das Goethe-Denkmal in Schiraz noch nicht gebaut.

Neue Perspektiven

Weimar-Schiraz, Freiburg-Isfahan – und eventuell bald Erfurt-Hamadan. Pirusan Mahboob strebt auch eine Freundschaft beziehungsweise Partnerschaft zwischen diesen beiden Städten an. Ein religiöses Gremium aus Erfurt reise bald nach Hamadan, um über eine mögliche Verbindung zu beraten, erklärt Mahboob: “Der Erzbischof der Erfurter katholischen Kirche hat die Gründung eines Verbandes zum Dialog der Religionen vorgeschlagen. Daraufhin haben meine Freunde und ich das Zentrum für den Dialog der Muslime, Baha’i, Juden und Christen ins Leben gerufen.“
Er betont, dass die älteste erhaltene Synagoge Europas in Erfurt stehe und eine achthundert Jahre alte Kirche in Hamadan. In der westiranischen Stadt lebten und leben auch viele iranische Juden. „Die zweitwichtigste Pilgerstätte der Juden, das Grab von Esther und Mordechai, befindet sich in dieser Stadt.“♦

Zur Startseite

Auch diese Artikel können Sie interessieren:
Goethe und die iranische Revolution
Annäherung über dritte Sprachen