„Irans Stellung bei der OPEC wird drastisch geschwächt.“

Die internationale Organisation der erdölexportierenden Länder OPEC konnte bislang keinen neuen Generalsekretär wählen. Iran, Saudi-Arabien und Irak kämpfen um diesen Posten. Was sind die Ambitionen des Iran dabei? Ein Interview. 
Auf der Tagung der internationalen Organisation der erdölexportierenden Länder OPEC am Mittwoch, den 12. Dezember, wurde beschlossen, die OPEC-Förderquote unverändert bei circa 31 Millionen Barrel pro Tag zu belassen. Das entspricht etwa einem Drittel des weltweiten Erdölverbrauchs.Klar wurde auf der Tagung auch, dass Saudi Arabien und der Irak einen iranischen Generalsekretär nicht dulden würden. Das aus zwölf Staaten bestehende Kartell konnte sich deshalb nicht auf einen neuen Generalsekretär einigen. So wird der derzeitige Generalsekretär, der Libyer Abdalla Salem El-Badri, dieses Amt ein weiteres Jahr innehaben.
Über die Ambitionen des Iran, das Ruder der größten Erdölorganisation der Welt zu übernehmen, und die Motive der Kontrahenten sprach TFI mit dem iranischen Wirtschaftsexperten und Berater der „Betamatrix Research Consultancy“, Dr. Mehrdad Emadi.
TFI: Der Iran hatte im Vorfeld mit einem Veto gedroht, falls Saudi Arabien oder der Irak die Wahl zum neuen Generalsekretär der OPEC gewinnen sollten. Warum?

Mehrdad Emadi
Mehrdad Emadi

Mehrdad Emadi
: Ich halte das für eine Art Vorwarnung. Der Iran fürchtet, mit dem wachsenden Machteinfluss Saudi-Arabiens und des Iraks noch mehr zu verlieren. Beide Länder konnten aufgrund der internationalen Sanktionen gegen den Iran in den vergangenen Monaten auf dem internationalen und europäischen Öl-Markt stark vordringen. Dabei widerspricht das eigentlich den Traditionen der OPEC. Denn in der Regel konkurrieren die Mitgliedsstaaten nicht untereinander um den vorübergehend verlorenen Platz eines ihren Top-Exporteure – in diesem Falle des Iran.
Welche Rolle spielt es für den Iran wirklich, welchen Platz er unter den OPEC-Exporteuren hat?
Im Hinblick auf die aktuelle Situation ist es von großer Bedeutung. Denn je schwächer Irans Rolle bei der OPEC wird, umso mehr kann der Westen seine Sanktionen gegen das Land verschärfen und die Regierung in Teheran unter Druck setzen. Dies ist wiederum geopolitisch gesehen eine willkommene Gelegenheit für Saudi-Arabien, das nach mehr Macht in der Region strebt. Neben Saudi-Arabien kommt jetzt noch der Irak als Gegner Irans ins Spiel. Der Irak hat in diesem Jahr bereits den zweiten Platz unter den zwölf OPEC-Mitgliedern ergattert, der jahrelang dem Iran gehörte. Bagdad kündigte sogar an, seine Ölproduktion im kommenden Jahr auf täglich über 3,7 Millionen Barrel zu steigern. Das sind rund 400.000 Barrel mehr als in diesem Jahr. Zudem ist der Irak gerade dabei, nicht nur zum Kontrahenten Irans, sondern zum Verbündeten Saudi-Arabiens zu werden. Damit bilden Irans Rivalen ein Dreieck bestehend aus Katar, Saudi-Arabien und dem Irak, das immer mehr versucht, Teherans Einfluss auf die Energiemärkte zu verringern.
Hinzu kommen die immer härter werdenden Sanktionen gegen den Iran. Dessen Ölabnehmer sollen ihre Käufe in den nächsten sechs Monaten um mindestens 20 Prozent reduzieren. Süd-Korea hat vor paar Tagen diesem Vorschlag der USA schon zugestimmt.
Die Ölfördermenge der OPEC liegt bei täglich rund 31 Millionen Barrel, der Iran schlägt vor, dies auf 30 Millionen Barrel pro Tag zu reduzieren
Die Ölfördermenge der OPEC liegt bei täglich rund 31 Millionen Barrel, der Iran schlägt vor, dies auf 30 Millionen Barrel pro Tag zu reduzieren

Mit dieser Maßnahme greift der Westen nicht nur drastisch in die Öl-Einnahmen des Iran ein. Sie führt auch dazu, dass das Land sein Erdöl zu Sonderpreisen anbietet. Langfristig gesehen wird Irans Stellung bei der OPEC durch die Sanktionen und die niedrige Produktion drastisch geschwächt. Außerdem wird der Iran auf dem internationalen Wirtschaftsmarkt weiter isoliert und seine geopolitisch einflussreiche Position in der Region geschwächt.
Übernähme der Iran die OPEC-Führung, könnte die Förderquote gesenkt und dadurch die Ölpreise gesteigert werden, oder?
Der iranische Vorwurf, dass die derzeit niedrigen Ölpreise von etwa 100 Dollar pro Barrel mit der hohen Ölfördermenge des OPEC-Kartells zusammenhängen, ist berechtigt. Die liegt bei täglich rund 31 Millionen Barrel. Der Iran schlägt vor, dies auf 30 Millionen Barrel pro Tag zu reduzieren.
Wie stehen die Chancen für den Iran, bei der nächsten Sitzung der OPEC an die Spitze der Organisation gewählt zu werden?
Nicht gut! Wenn man sich die Lobbyisten beim OPEC-Kartell anschaut, sieht man deutlich, dass sie weit entfernt von den iranischen Interessen sind. Alles deutet daraufhin, dass der Einfluss des Iran klein gehalten werden soll. Sollte der iranische Kandidat dennoch gewählt werden, hätte dies natürlich eine sehr positive Wirkung auf die nationalen Interessen des Landes.
Interview: Forough Hossein Pour