Irans Autoindustrie im Aufwind

Nun plant das iranische Ministerium für Industrie und Handel eine Zusammenarbeit mit namhaften internationalen Konzernen, um die chronischen Defizite der Autoindustrie endlich zu kurieren.

Diesmal sollen die ausländischen Autobauer nicht nur in den Iran importieren, sondern durch Investitionen an Produktion und Vertrieb teilnehmen. Durch die gemeinsame Herstellung soll ein Technologietransfer erfolgen. Die ausländischen Partner sollen zudem die inländischen Zulieferer miteinbeziehen und eine Exportquote gewährleisten.

Aber nicht nur der Iran wird von solcher Kooperation profitieren. Mittel- bis langfristig erwartet die iranische Regierung einen PKW-Gesamtmarkt von drei Millionen Neuzulassungen pro Jahr. Dieses Potenzial wollen sich die ausländischen Autobauer ungerne entgehen lassen.

Die Tinte auf dem Atomabkommen war kaum getrocknet, da saßen die Vertreter der europäischen Autokonzerne im Flieger Richtung Teheran. Eine der größten Volkswirtschaften der Region mit attraktiven Nachbarmärkten könnte die Absatzdefizite des Großmarkts China zumindest ansatzweise kompensieren.

Daimler und Volkswagen nahmen neben den französischen Herstellern PSA (Peugeot und Citroen) und Renault die Verhandlungen mit den iranischen Partnern auf. Volkswagen meldete am 4. Juli die Rückkehr auf den iranischen Markt nach über 17 Jahren. Der lokale Partner Mammut Khodro soll die VW-Modelle Tiguan und Passat importieren und vertreiben. Eine eigene Produktion im Iran sei nicht geplant, sagte ein VW-Sprecher.

In den 1950er Jahren war die Marke VW mit dem Käfer im Iran präsent. In den 60er Jahren folgten Bulli und in den 90er Jahren Golf. Volkswagen zog sich im Jahr 2000 vollständig aus dem Iran zurück.

Daimler hat bereits Absichtserklärungen mit den iranischen Partnern Iran Khodro Diesel und Mammut Khodro unterzeichnet. Durch gemeinsame Investitionen mit den lokalen Partnern soll der Weg für die Produktion von Mercedes-Benz-LKWs geebnet werden. Die Gründung einer Vertriebsgesellschaft für Mercedes-Benz-LKW und Komponenten sei auch geplant, wie der Stuttgarter Hersteller im vergangenen Jahr meldete.

In früheren Jahren hat Daimler im Iran jährlich bis zu 10.000 Fahrzeuge abgesetzt, größtenteils Nutzfahrzeuge.

Peugeot 206, ein bei IranerInnen beliebtes Auto
Peugeot 206, ein bei IranerInnen beliebtes Auto

Die Deutschen bleiben weit hinter den Franzosen

Der raue Ton des US-Präsidenten Donald Trump in Richtung des islamischen Regimes im Iran lässt genug Raum für Spekulationen über eine mögliche Rückkehr von Sanktionen. Er hat von Anfang an das Atomabkommen scharf kritisiert. Deshalb seien deutsche Autobauer bei der Erweiterung ihres Irangeschäfts beziehungsweise ihrer Investitionspläne in der Islamischen Republik eher zurückhaltend, meinen Experten.

Im Gegensatz zu deutschen oder japanischen Herstellern haben die französischen Autobauer keine Produktions- oder Vertriebsstätten in den USA. Somit müssen sie sich wegen Verstößen gegen die noch bestehenden finanziellen Sanktionen der USA gegen den Iran weniger Sorgen machen.

Renault steigt mit einem sechzigprozentigen Anteil in ein gemeinsames Projekt mit zwei iranischen Partnern ein. Die ersten Autos sollen 2018 vom Band rollen. Die Produktion soll in zwei Phasen eine jährliche Summe von 300.000 Fahrzeugen erreichen. Zusammengerechnet mit den jetzigen Produktionszahlen von Renault-Modellen würde der französischer Hersteller jährlich eine halbe Millionen Autos im Iran produzieren.

Peugeot nimmt sogar eine millionenschwere Strafe für das zukünftige Geschäft im Iran in Kauf. Der französische Hersteller, der 2012 mit Inkrafttreten der internationalen Sanktionen den Iran verlassen hatte, zahlt mehr als 400 Millionen Euro Schadensersatz an seinen Partner vor Ort. Renault blieb damals weiterhin im Iran und fuhr die Produktion zurück.

Das Iran-Geschäft lohnt sich trotzdem für den Konzern PSA: Im vergangenen Jahr stieg der Absatz des Herstellers in der Region unter anderem dank des guten Verkaufs im Iran im Vergleich zum Jahr 2015 gewaltig. Peugeot und Citroen werden in den kommenden Jahren jährlich 400.000 Autos im Iran produzieren.

Auch der südkoreanische Autobauer Hyundai wird in Zukunft im Iran produzieren. Aber die Franzosen bleiben zweifelsohne die aktuellen Gewinner des Atomabkommens mit dem Iran und zwar nicht nur in der Autoindustrie. Im vergangenen Monat hat der französische Öl-Riese Total trotz des Drucks aus den USA einen Vertrag im Wert von einer Milliarde Euro mit dem Iran unterzeichnet.

  IMAN ASLANI

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