Arbeiterproteste im Iran weiten sich aus

Im Iran schließen immer mehr Fabriken, täglich werden Hunderte Arbeiter entlassen.  Auf der anderen Seite erheben die iranischen Arbeiterverbände immer lauter ihre Stimmen gegen das Arbeitsministerium. Parlamentarier mahnen die Regierung wegen der Missstände auf dem Arbeitsmarkt.

Vertreter von über 10.000 Arbeitern kritisieren in einer Petition an dem iranischen Arbeitsminister Abdolreza Sheikhol Eslami ihre gegenwärtige Situation. Von “unsicherer Berufslage, Massenentlassungen und dem höchsten Stand von Fabrikpleiten seit Jahren“ ist da die Rede. Laut der iranischen Nachrichtenagentur ILNA klagen die Verfasser auch über niedrige Löhne: “Unsere Gehälter wurden im Jahre 2011 nicht einmal der verstärkten Inflation angepasst. Im Gegenteil: Die Arbeiter verdienen sogar weniger als in den Jahren zuvor.“
Zu den genannten Problemen kommt, dass immer mehr Fabrikanten ihre Arbeiter blanke Verträge unterschreiben lassen. Außerdem besitzen offiziellen Angaben zufolge etwa 85 Prozent der Arbeiter im Iran nur einen dreimonatigen Arbeitsvertrag.
Parlamentarier warnen

Täglich werden Hunderte Arbeiter entlassen. Foto: rahekargar.wordpress.com.
Täglich werden Hunderte Arbeiter entlassen. Foto: rahekargar.wordpress.com.

In der vergangenen Woche haben sogar iranische Abgeordnete die Verantwortlichen wegen der Missstände auf dem Arbeitsmarkt angemahnt. Etwa der Parlamentarier Nader Ghazipour, der bei seiner öffentlichen Rede vor dem Parlament die iranische Zentralbank dazu aufforderte, ihrer Verantwortung nachzugehen: „Die meisten iranischen Fabriken sind entweder pleite oder stehen kurz vor dem Konkurs.“ Ghazipour griff bei seiner Rede auch den iranischen Präsidenten Mahmud Ahmadinedschad wegen dessen neuer Handelsverträge mit China an: „Erklären Sie uns, warum in solchen großen Mengen chinesische Ware ins Land einführt wird“, so Ghazipour an Ahmadinedschad.
Auch der Abgeordnete Mohammadreza Azizi kritisierte die Regierung: “Der iranischen Produktion und Wirtschaft wurde mit den maßlosen und qualitätsschwachen Importwaren aus China großer Schaden zugefügt.“
Angriffe auf Arbeiterversammlungen
Doch statt nach Lösungen für die Probleme der Arbeiter zu suchen, unterdrückt die Regierung jegliche Aktivität der Arbeiterbewegung. Der letzte Übergriff: Eine vom „Komitee zur Koordination der iranischen Arbeiterverbände“ am 15. Juni in der iranischen Stadt Karaj organisierte Versammlung wurde von Sicherheitsbeamten gestürmt, die auf Teilnehmer einschlugen und einige von ihnen festnahmen. Außerdem sollen die Sicherheitsbeamten mit Gewehren in die Luft geschossen haben, um die Nachbarn zu erschrecken, so das Nachrichtenportal Alborz-News. Die Verhafteten sollen in das iranische Rajai Shahr-Gefängnis gebracht und über 33 Stunden lang verhört worden sein. Bis auf zwei Frauen und sieben Männer soll der Rest dann wieder freigelassen worden sein.
Transparency for Iran

Immer mehr internationale Organisationen zeigen sich mit der iranischen Arbeiterbewegung solidarisch. Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International hat vergangene Woche anlässlich der 101. Konferenz der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) eine Erklärung veröffentlicht, in der sie den massiven Druck auf die Arbeiterbewegung im Iran kritisiert. Amnesty fordert die sofortige Freilassung aller Arbeiteraktivisten, die wegen ihres gewerkschaftlichen Kampfes inhaftiert worden sind.
FP