Wildtieren im Iran fehlt Schutz


Vier Bären wurden im Iran allein in den letzten zwei Wochen getötet. Iranische Tierschützer befürchten das Aussterben mancher Tierarten. Sie warnen vor der Zerstörung der Umwelt im Namen der Entwicklung und dem Mangel an Umweltbewusstsein in der iranischen Bevölkerung.
Die Verwüstung von Tierschutzgebieten, das maßlose Abholzen von Kastanienwäldern: Seit Jahren warnen iranische Umweltschützer vor diesem Raubbau an der Natur. Denn er führt etwa dazu, dass Bären, die vor allem in den Wäldern im Westen Irans noch zu finden sind, in Wohngebiete eindringen. Dort werden sie gejagt und gequält. In manchen Gegenden Irans stellen Männer durch Bärenjagd zudem ihre Kühnheit zur Schau. Manche glauben sogar, Bärenleber würde die Potenz steigern.
Zwei Fälle von Bärenjagd gab es allein Anfang September: Am 4. September hetzten bei Sarab im Nordwesten Irans Jäger einen Bären und erlegten ihn. EbenfallsAnfang September töteten zwei Männer in der Nähe der Stadt Isfahan eine Bärin und ihre zwei Jungen. Sie filmten die Jagdszenen sogar. Reza Javalchi, Vorsitzender des iranischen Tierschutzvereins, ist der Ansicht, dass die Ursache für die Bärenjagd Aberglaube sei. Angeblich soll das Blut eines halblebendigen Bären gegen bestimmte Krankheiten helfen. Die gesetzliche Strafe für das Töten eines Bären beträgt 700.000 Tuman, das entspricht etwa 500 Euro.
Die Aussterbearten
Nur noch etwa vierzig asiatische Schwarzbären leben heute im Iran. Vor allem sie und die Geparden sind vom Aussterben bedroht. Eine wirksame Politik für den Schutz dieser Tiere und ihrer Lebensräume gibt es bislang nicht. Nach Angaben des Direktors der iranischen Umweltschutzorganisation für den Schutz des Wildlebens, Hossein Mohammadi, stehen von den 1.130 im Iran ansässigen Tierarten 80 auf der internationalen Liste vom Aussterben bedrohter Arten.

Der schwarzgelbe Zagros-Molch (neurergus kaiseri) wird teuer gehandelt.
Der schwarzgelbe Zagros-Molch (neurergus kaiseri) wird teuer gehandelt.

Mohammadi, früher auch Vorsitzender des internationalen Projektes zum Gepardenschutz im Iran, sagte im August in einem Gespräch mit der Zeitung „Shargh“, dass im Iran vor allem Tiere mit laut islamischen Vorschriften essbarem Fleisch und verschiedene Katzenarten vom Aussterben bedroht seien. Gründe für Jagd und die Zerstörung von Lebensraum seien vor allem der Bau von Landstraßen und die Landwirtschaft. Seinen Angaben zufolge sind in den letzten zwanzig Jahren im Tierschutzgebiet Bisutun 20.000 Wildböcke verschwunden. Dadurch seien auch die Wildkatzenarten und Geparde dort seltener geworden, die sich von den Wildböcken ernähren.
Schmuggel seltener Tiere

Seit einem Jahr warnen Tier- und Umweltschützer auch vor dem Aussterben der iranischen Krokodile. Wegen langer Dürre und durch Unachtsamkeit der Verantwortlichen seien 450 davon in den Flüssen Kadjro und Sarbaz in Baluchestan verendet. Zudem würden die Krokodile auch zu hohen Preisen ins Ausland verkauft. Auch der schwarzgelbe Zagros-Molch (neurergus kaiseri) wird teuer gehandelt. Der Preis dieses Salamanders, der als eine der beliebtesten Lurcharten gilt, wird auf etwa 850,- Euro geschätzt. Deshalb werden die Bergbachmolche gejagt. Die Verantwortlichen kontrollieren den Schutz dieser Amphibien kaum. Im ihrem Hauptsiedlungsgebiet Shahbazan im Südiran gibt es nur noch etwa 1.000 dieser Amphibien.
Mangelhafte Ökokultur
Hushang Ziai, der ehemalige Vorsitzende des internationalen Projektes Iran Wildlife Reference, schätzt, dass in den iranischen Wäldern und Gebirgen etwa 400.000 Gewehre ohne Waffenschein getragen würden. Sie würden bedenkenlos auch zum Jagen seltener Tiere eingesetzt. In Bezug auf Umweltschutz sind die Iraner nach Ziais Ansicht „die unachtsamsten Menschen der Welt.“ Die in den letzten Jahren entstandenen Schäden seien Beleg dafür.
Mitra Alborzi, Kuratorin der Veranstaltungen zu Nationalparks und Naturschutzgebieten im Iran, wies in einem Gespräch mit Transparency for Iran auf die mangelnde Bildung der Iraner in Sachen Tier- und Umweltschutz hin. Sie erkennt einen „Mangel an Ökokultur“ und eine Fremdheit gegenüber der Natur. „Auf Schulausflügen werden Kinder zu Fabriken gebracht, aber nicht zu Naturschutzgebieten“  – ökologische Bildung fehle im Unterrichtsplan. Deshalb lernten die Kinder die Bedeutung des Artenreichtums im Zyklus der Natur nicht kennen. „Sie wachsen ohne jeglichen Bezug zur Natur auf. Deshalb haben sogar gut ausgebildete Menschen im Iran keine angemessene Umweltschutzkultur“, kritisiert Alborzi.