Die Wasserpfeife als Zankapfel

Kurz nachdem das oberste Verwaltungsgericht Irans das Rauchverbot an öffentlichen Orten bestätigte, hat die Regierung die traditionellen Teehäuser von diesem Gesetz ausgenommen. Denn die Meinungsverschiedenheiten um die Wasserpfeife haben sich zu einem ernsten Konflikt entwickelt, der Schicksal und Einkommen von vielen Teehausbetreibern bedroht.
Die Wasserpfeife hat eine über 500 Jahre alte Geschichte in der iranischen Tradition und Kultur. Wurde sie früher meist von älteren Menschen konsumiert, interessieren sich heutzutage auch immer mehr junge Menschen für diese traditionelle orientalische Art des Tabakkonsums. Dieses Interesse und auch das wachsende Interesse von Frauen an der Wasserpfeife haben dazu geführt, dass immer mehr Restaurants und Teehäuser Wasserpfeifen anbieten, um Kunden zu werben. Die Polizei und konservativ-religiöse Interessenvertreter meinen jedoch, dass das Rauchen der Wasserpfeife in der Öffentlichkeit sittenwidrig und ein Symbol für Protest und Widerstand gegen islamische Werte sei.
Beginn des Streits über die Wasserpfeife
Laut Gesetz ist das Rauchen an allen öffentlichen Orten im Iran verboten. Das Verbot der Wasserpfeife wurde im Jahre 2006 verabschiedet und umfasste alle öffentlichen Orte und Einrichtungen. 2007 gab das Innenministerium jedoch das Rauchen von Wasserpfeifen in traditionellen Teehäusern wieder frei. Die Polizei wurde aufgefordert, nur das Konsumieren von aromatisiertem Tabak zu ahnden.
Trotzdem hat die Polizei in den vergangenen drei Jahren mehrere Teehäuser und Restaurants in verschiedenen Städten geschlossen und die Inhaber bestraft. Wasserpfeifen wurden eingesammelt und in der Wüste mit Bulldozern zerstört. Der Teheraner Polizeichef Hossein Sajednia verbot Frauen nicht nur das Rauchen von Wasserpfeifen, sondern auch den Zutritt zu Teehäusern und Restaurants, die Wasserpfeife anbieten. Auch Gholam-Heydar Heydari, Chef der Sicherheitspolizei in der Provinz Ghom, verbot im September vergangenen Jahres das Rauchen von Wasserpfeifen in der Öffentlichkeit. Er verfügte zudem, dass Teehäuser und Restaurants Frauen gar keine Wasserpfeifen, Männern erst ab dem Alter von 18 Jahren solche anbieten dürften.
Widerstand der Teehausbetreiber

Foto: www.1yek.blogfa.com
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Der Verwaltungsgerichtshof bestätigte Ende Oktober 2011 das Rauchverbot. Trotzdem erließ die Regierung am 15. November diesen Jahres eine neue Verordnung, die besagt, dass das Anbieten jeder Art von Wasserpfeifen unabhängig von den Tabaksorten in den traditionellen Lokalen erlaubt sei. Hossein Ashtari, Generalsstabchef der iranischen Staatspolizei, hatte nach dem Protest vieler Teehausbetreiber verkündet, dass ein Konflikt mit ihnen nicht erwünscht sei und auch Präsident Mahmoud  Ahmadinejad keinen Druck auf diese Zunft wolle.
Iranischen Medien zufolge gibt es allein in Teheran über 600 legale traditionelle Teehäuser, deren Haupteinnahmen aus dem Wasserpfeifenkonsum stammen. Abbas Alai, Vorsitzender des „Verbands Teherans traditioneller Teehäuser“, sagte der Zeitschrift „Ghanun“, dass die Zahl der illegalen Anbieter von Wasserpfeifen in Teheran viermal höher als die der legalen Teehäuser sei. Durch das Wasserpfeifenverbot würden etwa zwei Millionen Menschen arbeitslos.
Das Verwaltungsgericht teilte dennoch mit, dass der Ministerrat keine Verordnung gegen den Beschluss des Gerichts erlassen dürfe und Wasserpfeifen deshalb nach wie vor überall verboten seien. Der Vorsitzende des Gerichts kündigte an, dass bis Ende November über diesen Rechtsstreit endgültig entschieden werden solle. Doch bisher ist darüber keine Entscheidung gefallen.
Reaktion der Parlamentarier
In der politischen Debatte um das Wasserpfeifenverbot wird vor allem auf die krebserregende Wirkung des Tabaks hingewiesen. Polizei, Gesundheitsministerium und Gesetzgeber sind der Meinung, dass das Verbot dem Schutz der Gesundheit der Jugend und der Gesellschaft diene. Auch viele Abgeordnete sind aus diesem Grund für das Verbot. Andere vertreten die Ansicht, die Wasserpfeife habe eine historische Bedeutung und ihr Verbot würde sie zu einem „Underground“-Phänomen machen. Hosseinali Shahriari, der Vorsitzende des Gesundheitsausschusses des iranischen Parlaments, ist ein strenger Gegner der Wasserpfeife. In einem Interview mit der Nachrichtenagentur Fars vertrat er die Ansicht, dass die dem Gerichtsbeschluss widersprechende Erlaubnis der Wasserpfeifen durch die Regierung rechtswidrig sei. Eine Regierung, „die sich als Freund des Volks bezeichnet, darf dessen Gesundheit nicht gefährden“, sagte Shahriari.
Politische Gegner von Ahmadinejad innerhalb der Konservativen glauben dagegen, dass der Präsident und seine Gefolgschaft die Wasserpfeife als ein politisches Wahlkampfthema missbrauchten. Unabhängige Beobachter halten den Streit um die Pfeife allerdings für ein reines Ablenkungsmanöver, das derzeit brisanten Themen wie etwa die massiven Unterschlagungen bei iranischen Banken in den Hintergrund drängen soll.