Zurück in die Zukunft?

Bemerkenswert ist aber Zarifs Antwort auf diesen Vorschlag. Der Außenminister, so Hassan Beigi, habe erwidert: Ob ein deutscher Diplomat in Teheran festgesetzt werde oder nicht, obliege weder ihm noch irgendeinem Parlamentsausschuss. In solchen Angelegenheiten entscheide immer und ausschließlich der Rat für nationale Sicherheit.
So weit die Arbeitsteilung und so weit die jeweiligen Verantwortlichkeiten in der islamischen Republik – hier hat Zarif vollkommen recht.
Ob ein ausländischer Diplomat im heutigen Iran verhaftet, ausgewiesen oder nach einer Geiselnahme freigelassen wird: Darüber entscheidet die Spitze der Macht. Und alle andere Staatsorgane, ob Parlament, Justiz oder Außenministerium, haben sich dieser Entscheidung zu fügen.
 Geiselnahme als Geburtsmal
Dieser Grundsatz ist 40 Jahre alt und gilt quasi als Geburtsmal der Islamischen Republik. Nur drei Monate vor ihrem ersten Geburtstag inszenierte sie eine Geiselnahme, die beispiellos war und bis heute die Gegenwart bestimmt. Gemeint ist die Geiselnahme von 52 US-Diplomaten, die 444 Tage in Teheran festgehalten wurden. Sie begann am 4. November 1979, und schon an diesem Tag bezeichnet Revolutionsführer Ruhollah Khomeini sie als die „zweite Revolution“, die das Land für immer verändern werde. Und er hatte recht. Der Iran hat sich durch diese Geiselnahme nachdrücklich verändert. Und damit war auch jedem, der es wissen wollte, klar: Über den Beginn, den Verlauf und das Ende dieser Geiselnahme bestimmt niemand außer der mächtigste Mann an der Spitze des Staates.

Der Geschäftsmann Helmut Hofer war im Iran angeblich wegen sexueller Beziehung zu einer Iranerin zum Tode verurteilt worden, doch Medien bezeichneten ihn als Geisel - um den in Deutschland inhaftierten Iraner Kazem Darabi freizupressen
Der Geschäftsmann Helmut Hofer (vorn, re.) war im Iran angeblich wegen sexueller Beziehung zu einer Iranerin zum Tode verurteilt worden, doch Medien bezeichneten ihn als Geisel – um den in Deutschland inhaftierten Iraner Kazem Darabi freizupressen

 
Bis Reagan gewinnt
Und er entschied, dass die Diplomaten so lange in Geiselhaft bleiben sollten, bis die damaligen US- Präsidentschaftswahlen beendet seien. Mit anderen Worten: Die Geiselnahme sollte Verlauf und Ergebnis der US-Wahlen beeinflussen, ja bestimmen. Und es kam genauso, wie Khomeini es wollte. Präsident Jimmy Carter verlor die Wahl, Ronald Reagan gewann sie – und die US-Geiseln kamen genau an dem Tag frei, an dem Reagan seinen Amtseid leistete. Symbolischer geht es nicht.
 Steve Bannon und die Geiselnahme in Teheran
Diese Geiselgeschichte prägt die vierzigjährige Geschichte der iranisch-amerikanischen Nichtbeziehung – heute mehr denn je.
Die Geiselnahme der US-Diplomaten habe seine Einstellung für immer geprägt, sagt etwa Steve Bannon, Trumps einstiger Wahlkampfleiter und Sicherheitsberater. Im März 1980, auf dem Höhepunkt der Geiselaffäre, war Bannon im Persischen Golf Navigator des US-Flugzeugträgers USS Nimitz. Von Bord dieses Kriegsschiffs sollten mehrere Hubschrauber zur US-Botschaft nach Teheran fliegen und die Geiseln befreien. Doch nur wenige Tage vor dem Start der Befreiungsmission wurde Bannons Zerstörer plötzlich und unerwartet abkommandiert.
Der Fehlschlag dieser Mission sei für ihn ein entscheidendes Erlebnis gewesen, deshalb verachte er Jimmy Carter, den er für das Abblasen der Operation verantwortlich machte, und habe begonnen, Ronald Reagan zu bewundern. So sei er schließlich zu dem geworden, der er heute sei, wiederholt Bannon jedes mal, wenn er über seine Biographie und seine politische Vergangenheit spricht.
Was aus ihm geworden ist, ist hinlänglich bekannt. Bannon ist heute dabei, eine Art „Internationale der Populisten“ zu gründen.
Geiselnahme als Element der Diplomatie
Fortsetzung auf Seite 3