Uneinigkeit über Syrien

Während die konservativen Hardliner im Iran hinter Bashar al-Assad stehen, vermutet Hashemi Rafsanjani, der Ziehvater des iranischen Präsidenten Hassan Rouhani, das syrische Regime hinter dem Giftgasangriff. Rouhani selbst hat bisher nur von humanitärer Unterstützung gesprochen – sollte der Westen Syrien angreifen.
Zahlreiche ultrakonservative Politiker, Medien und Parlamentarier verlangten in den vergangenen Tagen von dem einstigen Architekten der Islamischen Republik Iran, Ayatollah Akbar Hashemi Rafsanjani, für Assads Regime in Syrien „unmissverständlich“ Partei zu ergreifen. Doch der greise Politiker wich dem bisher aus. Er hat am Samstag, den 07. September, nach langem Zögern lediglich den Einsatz von Chemiewaffen verurteilt.
„Armes syrisches Volk! Erst wurde es von Baschar al-Assad mit Chemiewaffen vergiftet, nun drohen ihm amerikanische Bomben“, soll Rafsanjani bei einer Rede in einer Moschee am Samstag, den 31. August, gesagt haben. Veröffentlicht wurde diese Rede des Vorsitzenden des iranischen Schlichtungsrates im Internet. Sie löste im In- und Ausland kontroverse Debatten über die mögliche Haltung des Iran bei einem US-Angriff auf Syrien aus.
Die Sprecher von Schlichtungsrat und dem iranischen Außenministerium dementierten allerdings die zitierte Aussage Rafsanjanis. Doch dann veröffentlichte Naime Eshraghi, die Enkelin des Ayatollah Ruhollah Khomeini, Gründer der islamischen Republik, auf ihrer Facebook-Seite diese Aussage Rafsanjanis: „Weh dem, der das eigene Volk mit chemischen Waffen vernichtet; der wird schlecht enden.“ Und das Informationsbüro Rafsanjanis zeigte sich besorgt über die Situation der Menschen in Syrien. Es erwähnte zwar nicht den Einsatz chemischer Waffen durch die Regierung Assads, bedauerte aber die schlechte Lage der syrischen Bevölkerung.

Hashemi Rafsanjani: Wenn der Syrienkonflikt vorbei ist, werden radikale Gruppen in Richtung Irak ziehen
Hashemi Rafsanjani: Wenn der Syrienkonflikt vorbei ist, werden radikale Gruppen in Richtung Irak ziehen

Bereits vergangenen November hatte Rafsanjani bei einem Treffen mit dem irakischen Sondergesandten im Iran, Ebrahim Bahrololum, seine Sorgen geäußert: „Nach Massakern und Zerstörungen in Syrien sind dort viele bewaffnete Gruppen entstanden. Salafisten oder Nicht-Salafisten – es sind Menschen, die militärische politischen Wegen vorziehen. Wenn der Syrienkonflikt vorbei ist, werden sie in Richtung Irak ziehen. Was wäre, wenn sie in den Besitz von chemischen und anderen syrischen Waffen kommen?“ Rafsanjani beteuerte gegenüber dem Sondergesandten die Wichtigkeit der Regierung Bashar al-Assads in der Region. Er bat die irakische Regierung, etwas gegen den Syrienkonflikt zu unternehmen.
Unterstützung aus dem Lager der Konservativen
Die Mehrheit der iranischen Hardliner verurteilt Rafsanjanis Haltung zu Syrien. Einige Konservative reagieren allerdings sachlich bis positiv auf seine Äußerungen. Ali Motahari, einflussreicher Parlamentsabgeordneter aus Teheran, teilte der Presse mit: „Man sollte Rafsanjani anhören, um seine Perspektive zu verstehen, wenn er von Assads Einsatz von Chemiewaffen spricht. Sicher hat er seine Informationsquellen. Und wenn diese Informationen stimmen, möchte er die islamische Regierung davon abhalten, sich der Sache hinzugeben und die Regierung Assads zu verteidigen.“ Der Iran werde Baschar al-Assad unterstützen, „solange die Mehrheit der Syrer hinter ihm steht“, so Motahari weiter.
Haltung im Kriegsfall
Assad und sein wichtigster Unterstützer, Irans Staatsoberhaupt Ayatollah Ali Khamenei (re)
Assad (li.) und sein wichtigster Unterstützer, Irans Staatsoberhaupt Ayatollah Ali Khamenei

Bisher hat der neue iranische Präsident nur von „humanitärer“ Unterstützung Syriens durch den Iran gesprochen, falls die USA und ihre Verbündeten Syrien angreifen. Experten gehen davon aus, dass der Iran sich mit einer verbalen Verurteilung der USA begnügen würde, wenn der Angriff eine Strafaktion bliebe und die Machtverhältnisse in Syrien nicht ändern würde. Wahrscheinlich werde sich der Iran für eine indirekte Einmischung durch Unterstützung seiner Verbündeten in Libanon und Palästina entscheiden, meinen viele politische Beobachter. Doch da die Kassen des Iran leer sind, wird auch diese Maßnahme als unwahrscheinlich angesehen.
Die neue iranische Regierung hat angekündigt, bessere diplomatische Beziehungen zu den USA pflegen zu wollen, um so die durch Sanktionen entstandene Wirtschaftsmisere des Landes zu beheben. Deshalb ist die Mehrheit der iranischen Experten im In- und Ausland der Meinung, dass Teheran selbst bei einem US-Angriff auf Syrien mit dem Ziel, Assad zu stürzen, sich nicht direkt einmischen würde. Der Iran werde sich nur dann in den Krieg begeben, wenn China und Russland sich einmischten, so die Experten.