„Spiel mit dem Feuer“: Todesstrafen für iranische Sunniten

Mehrere sunnitische Angeklagte sind im Iran zum Tode verurteilt worden. Angesichts der Auseinandersetzungen zwischen Schiiten und Sunniten in der Region werden nationale und internationale Proteste gegen die Hinrichtungen allerdings immer lauter. Doch die iranische Führung reagiert bislang nicht.
Am 13. Juni forderte Amnesty International (AI) den Iran auf, die Vollstreckung der Todesstrafen für vier kurdische Sunniten aufzuschieben. Die vier gehören zu einer Gruppe von 33 Kurden, die im Gohardasht-Gefängnis bei Karadsch nahe Teheran auf ihre Hinrichtung warten. Laut AI sollten die vier Todeskandidaten am 15. Juni hingerichtet werden. Sie wurden wegen eines Terroranschlags auf einen Geistlichen verurteilt. Doch nach Recherchen der Menschenrechtsorganisation waren sie bereits vor dem Anschlag festgenommen worden.
In den vergangenen Monaten stand der Iran wegen zunehmender Menschenrechtsverletzungen immer wieder in der internationalen Kritik. Zwar hatte Präsident Hassan Rouhani vor seiner Wahl im Juni 2013 versichert, die Menschenrechte achten und für mehr Gerechtigkeit sorgen zu wollen. Doch seither wurden laut inoffiziellen Statistiken mehr als 500 Gefangene hingerichtet, darunter viele politische AktivistInnen und Angehörige von Bevölkerungsgruppen sunnitischer Religionsausrichtung. Bis heute spielen die ethnischen und religiösen Minderheiten im Regierungsapparat des Iran kaum eine Rolle.
Sunniten werden diskriminiert
„Die Sunniten werden im Iran diskriminiert“, sagt Dieter Karg, Sprecher der AI-Koordinationsgruppe Iran in Berlin im Gespräche mit TFI. Sie dürften keine hohen Staatsämter innehaben, „in Teheran gibt es keine einzige sunnitische Moschee, viele sunnitische Aktivisten werden hingerichtet.“
Der iranischen Regierung seien die Verhandlungen über die Lockerung der internationalen Sanktionen und die Krise im Irak wichtiger als die Menschenrechte, so Karg. Deshalb solle weiter Druck auf die Regierung ausgeübt, aber auch die westlichen Regierungen auf die Menschenrechtslage im Iran aufmerksam gemacht werden, so der AI-Sprecher.
„Spiel mit dem Feuer“

Die Hinrichtung von arabischstämmigen politischen Aktivisten Ali Chebieshat (li.) und Sayed Khaled Mousawi zwischen März und April wurde Wochen lang geheim gehalten
Die Hinrichtung von arabischstämmigen politischen Aktivisten Ali Chebieshat (li.) und Sayed Khaled Mousawi zwischen März und April wurde Wochen lang geheim gehalten

Kamal Sido, Nahostreferent der Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) in Göttingen, bezeichnet die drohenden Hinrichtungen der Sunniten angesichts der aktuellen Lage der Region als „Spiel mit dem Feuer“. Sido sieht im Iran zwar Anzeichen von mehr Toleranz und Offenheit nach Rouhanis Wahl im vergangenen Jahr. Doch die Menschenrechtslage sei für Minderheiten, besonders für die politischen AktivistInnen aus Kurdistan, Belutschistan, Khuzistan, Turkmenistan und Bahai-Angehörigen „weiterhin besorgniserregend“, so der Menschenrechtler.
Sunniten warnen
Auch die religiösen Oberhäupter der Sunniten im Iran warnen davor, weitere Angehörige ihrer Glaubensrichtung hinzurichten. Dies bedrohe das friedliche Zusammenleben zwischen Sunniten und Schiiten. Der sunnitische Imam von Zahedan, der Hauptstadt der ostiranischen Provinz Belutschistan, Mowlawi Abdolhamid, und Hassan Amini, ein kurdischer Geistlicher aus dem Nordiran, forderten das Staatsoberhaupt Ayatollah Ali Khamenei auf, sich für eine Begnadigung der zum Tode verurteilten Kurden einzusetzen. „Die Hinrichtungen könnten negative Folgen für den Iran haben und das Land im Ausland in ein schlechtes Licht rücken“, heißt es in einem der Briefe.
Die iranische Führung hat bisher allerdings weder auf diese noch auf die Appelle der internationalen Menschenrechtsorganisationen reagiert.
  TAHER SHIR MOHAMMADI