Smog fordert im Iran Tausende Todesopfer

Jährlich sterben in Teheran und anderen iranischen Städten Tausende von Menschen an den Folgen der starken Luftverschmutzung. Auf der Suche nach den Schuldigen sind sich die IranerInnen uneins. 
„Der Himmel über unseren Städten gleicht einem schwarzen Monster, das unsere Lungen auffrisst“ – das sagt der iranische Gesundheitsminister Hassan Ghazizadeh Hashemi. Vier der zehn Städte mit der weltweit größten Luftverschmutzung liegen nach Angaben der Weltgesundheitsorganisation (WHO) im Iran. Dass auch die Menschen in der Hauptstadt Teheran eine extrem schlechte Luft atmen, ist seit langem bekannt. Nun hat das iranische Gesundheitsministerium Zahlen veröffentlicht: Jede Stunde sterben durchschnittlich zwei Menschen in der Acht-Millionen-Einwohner-Metropole an den Folgen der starken Luftverschmutzung. Allein im Jahr 2013 waren es nach offiziellen Angaben 2.727 Tote.
Grund für die Luftverschmutzung – und damit auch für die vielen Todesfälle – seien veraltete Automobile und die schlechte Qualität des Benzins, so das Gesundheitsministerium. Um des Smogs Herr zu werden, hat der Iran nun die Eigenproduktion von so genanntem „petrochemischen Benzin“, das den Umweltstandards nicht entsprochen hat, eingestellt und den Import von Benzin aus dem Ausland verdreifacht.
Suche nach Schuldigen 

Protest gegen verseuchte Luft in der Industriestadt Arak
Protest gegen verseuchte Luft in der Industriestadt Arak

Auf sozialen Netzwerken und iranischen Websites diskutieren zahlreiche Internet-User über die jüngste Statistik des Gesundheitsministeriums. Einige sind deutlich schockiert: „Es ist einfach schrecklich, dass Luftverschmutzung verantwortlich für so viele Todesopfer sein kann“, schreibt etwa Ali Moradi auf Iranian UK. „Wenn das so weiter geht, dann müssen wir uns darauf einstellen, dass die schlechte Luft sogar bei unseren Jugendlichen Demenz und Alzheimer verursacht“, zeigt sich Userin Leila auf der Facebookseite von DW Farsi besorgt.
Manche Internet-NutzerInnen reagieren eher nachdenklich und suchen die Ursache für das Umweltproblem bei sich selbst: „Einst waren wir Iraner ein Volk, das Wert auf seine Umwelt gelegt hat. Wer diese Tugend aufgibt, darf sich auch nicht über die Folgen wundern“, schreibt der User Avesta auf DW Farsi. „Wir fürchten uns vor Kriegen, Diktatoren und Terroristen. Wir müssten uns aber viel mehr vor uns selbst fürchten. Es sind wir, die EinwohnerInnen der Städte, die die Luft verpesten und für die Toten verantwortlich sind. Warum sind wir nicht fähig, mehr an die Zukunft zu denken und ab und zu mal das Fahrrad statt das Auto zu benutzen?“, fragt Facebook-Nutzer Saman.
Andere DiskussionsteilnehmerInnen sehen die Verantwortung für die Luftverschmutzung beim iranischen Regime: „In einer Gesellschaft, in der die Herrschenden den Menschen das Leben schwer machen, kann von diesen nicht erwartet werden, dass sie nachhaltig denken“, lautet die Antwort des Users Milad auf Samans Frage. „Verflucht sei dieses Regime, das seiner Bevölkerung so viel Leid zufügt“, wird der Internet-Nutzer Bindi auf Iranian UK noch deutlicher.
Wachsendes Bewusstsein
Landesweit hat die südiranische Stadt die am meisten versuchte Luft
Landesweit hat die südiranische Stadt die am meisten versuchte Luft

Die Auseinandersetzung mit der Luftverschmutzung ist im Internet jedoch nicht auf Diskussionen begrenzt. Seit einiger Zeit mehren sich Webseiten wie Oxyzhen, die sich das Ziel gesetzt haben, sowohl die Bevölkerung auf die Smog-Gefahr aufmerksam zu machen als auch Wege zu erläutern, wie der Einzelne zu weniger Luftverschmutzung beitragen kann.
Auch auf dem im Iran äußerst populären sozialen Netzwerk Facebook gründen sich immer häufiger Gruppen mit ähnlichen Zielen, etwa die Gruppe Kampf gegen Luftverschmutzung. Auf manchen Seiten werden auch politische Forderungen gestellt. Die Regierung müsse eine Arbeitsgruppe gründen, um endlich eine nachhaltige Lösung für das Smog-Problem zu finden, so der Schauspieler Reza Kianian, der als Initiator der Gruppe Weiße Bewegung – Volkskampagne für eine reine Luft gilt.
 JASHAR ERFANIAN