Der erzwungene Burgfrieden

Nur einen Tag nach diesem eindeutigen Signal des Präsidenten veröffentlichte die Webseite des Revolutionsführers eine Erklärung, in der Folgendes zu lesen war:
Vier Ministerposten, die des Innern, des Äußeren, der Verteidigung und des Geheimdienstes, würden in enger Absprache mit dem Revolutionsführer besetzt. Dies sei immer Tradition gewesen. Außerdem zeige der Revolutionsführer besondere Sensibilität für die Ministerposten für Kultur, Bildung und Hochschulwesen.
Damit war das Schicksal des Kabinetts besiegelt, zumal auch der Justizminister gemäß Verfassung nicht vom Präsidenten allein bestimmt werden kann.
Ende der geteilten Herrschaft
Ein gutes Jahr zeigt sich schon im Frühling, lautet ein persisches Sprichwort. Und da das persische Jahr mit dem Frühling beginnt, könnte man sagen: Was wir Ergebnisse nennen, ist nur der Anfang. „Separate Herrschaften gibt es im Iran nicht.“ Das war der wichtigste Satz, den Rouhani bei seiner Vereidigung sagte. Ob alle ausländischen Gäste diese wichtige Botschaft registriert haben, wissen wir nicht. Denn die Bilder der Kameras zeigten, dass viele der Gäste ob der langen und eintönigen Rede des Präsidenten eingenickt waren.
Erlauchte Gästeschar
Bei der Vereidigungszeremonie waren europäische Länder gar nicht oder nur mit zweitrangigen Diplomaten vertreten. Doch es waren auch Präsidenten gekommen, etwa Robert Mugabe aus Simbabwe, Kim Jong Un aus Nordkorea oder Igor Dodon aus Moldawien. Doch der wichtigste Gast bei Rouhanis Vereidigung war die EU-Außenbeauftragte Federica Mogherini, die wie ein Star herumgereicht wurde. Manche Abgeordnete bedrängten sie fast, um ein Selfie mit ihr zu bekommen.
Botschaft an Trump
Mogherinis Anwesenheit in Teheran hatte eine einzige Botschaft, die in Washington ankommen sollte. Sie lautet: Europa stehe zum Atomabkommen mit dem Iran und unterstütze Rouhanis vorsichtige Annäherung an den Westen. Fraglich ist allerdings, ob US-Präsident Donald Trump für solche Botschaften überhaupt empfänglich ist.

Der Iran hat am 28. Januar die im Land produzierte Raketenkapsel "Pischgam" (Pionier) ins All geschossen. Am Bord der Raketenkapsel befand sich ein Affe. Nach Angaben der zuständigen iranischen Behörden habe das Tier den Flug bis zu einer Höhe von 120 Kilometern ins All überlebt und sei gesund zur Erde zurückgekehrt. Laut Aussagen des iranischen Präsidenten, Mahmoud Ahmadinedschad, werde das Land bis spätestens 2020 einen Menschen in den Weltraum schicken.
Das iranische Raketenprogramm sorgt für neue US-Sanktionen gegen den Iran 

 
Immer noch „Regime Change“?
Zufall oder nicht: Am Vorabend der Zeremonie in Teheran unterzeichnete Trump einen neuen Sanktionskatalog gegen den Iran.Von den darin enthaltenen Maßnahmen sind 18 Personen und Einrichtungen der Revolutionsgarden betroffen, vor allem solche, die mit dem Raketenprogramm zu tun haben.
Rouhanis zweite Amtszeit wird alles andere als gemütlich. Selbst US-Außenminister Rex Tillerson, der in der Washingtoner Administration als moderat gilt, spricht vom „Regime Change“ im Iran – wenn nicht kriegerisch, so doch mit anderen Mitteln.
Und Saudi-Arabien verstärkt die Rivalität mit dem Iran. Denn Riad ist sich der ausländischen Unterstützung sicher, aus den USA ebenso wie von Israel und einigen Regierungen in der Region.
Angesichts solcher rauen Winde aus dem Ausland und der wirtschaftlichen Misere im Inneren bleibt nur ein Weg: der Burgfrieden.
Was heißt hier mehr Freiheit?
Niemand kann die Gefahren, die dieser Tage auf den Iran zukommen, besser einschätzen als Rouhani. Bevor er Präsident wurde, hatte er mit den Geheimdiensten zu tun, er stand fast zwei Dekaden an der Spitze des Nationalen Sicherheitsrates. Für einen solchen Geheimdienstler müssen in diesen gefährlichen Zeiten Forderungen wie Meinungsfreiheit oder Frauenrechte einen Hauch von Luxus haben.
In vier Jahren hat Amnesty es leichter
Wenige Stunden vor der Vereidigungszeremonie in Teheran meldete sich auch Amnesty International zu Wort. Seit Rouhanis Amtsübernahme im Jahre 2013 habe sich die Menschenrechtslage im Iran verschlechtert. Verantwortlich für diese Entwicklung sei aber nicht der Präsident selbst, sondern „repressive Teile des Staates“. Eine solche Differenzierung zwischen dem Präsidenten und dem „repressiven Teil“ des Staates wird Amnesty in vier Jahren nicht mehr vornehmen müssen. Künftig gebe es nur eine einzige Herrschaft im Iran, sagte Rouhani bei seiner Vereidigung. Man sollte ihn beim Wort nehmen. Wer allerdings in der einen Herrschaft das Sagen hat, wird sich in den kommenden Monaten zeigen.
  ALI SADRZADEH
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