Kampf gegen Hundehaltung

HundehalterInnen sollen im Iran mit 74 Peitschenhieben und Geldbußen bestraft werden. Wer in den Medien Hundehaltung befürwortet, muss neben der Peitsche sogar mit Haft rechnen. Einen entsprechenden Gesetzentwurf haben Abgeordnete des iranischen Parlaments vorgelegt.
Konservative Abgeordnete des iranischen Parlaments haben einen Gesetzentwurf vorgelegt, der die Haltung von Hunden und Affen im Iran verbieten soll. Der Entwurf sieht vor, das Ausführen dieser Tiere mit 74 Peitschenhieben und Geldbußen bis zu 2.600 Euro zu bestrafen. Die Tiere sollen ihren BesitzerInnen weggenommen und entweder aus der Stadt gejagt oder in dafür vorgesehenen Einrichtungen untergebracht werden. Für die dabei anfallenden Transport- und Unterhaltskosten müssen die BesitzerInnen aufkommen. Ausgenommen von dem Gesetz bleiben Wach- und Jagdhunde sowie solche im Dienste von Schäfern und Bauern. Medienverantwortlichen, die Hundehaltung befürworten oder dafür Werbung treiben, drohen ebenfalls 74 Peitschenhiebe sowie Haftstrafen von bis zu sechs Monaten.
Warum Affen?
„Die Haltung von Hunden hat sich in den vergangenen Jahren im Iran zunehmend verbreitet, besonders in den Großstädten.Und die Tendenz ist steigend!“, sagt Amir, Hundezüchter aus Teheran, im Gespräch mit Transparency for Iran. „War Hundehaltung früher ein Privileg der oberen Schichten Teherans, haben heute viele Menschen die Freude am Leben mit einem Hund entdeckt.“ Amir ist sich sicher, dass die Initiatoren des Gesetzentwurfs gegen Hundehaltung „eine weltweite Solidarisierung mit iranischen HundehalterInnen fürchten“. Deshalb hätten sie in ihren Entwurf auch die Affen aufgenommen, „um ihre Feindseligkeit gegen Hunde zu verschleiern“, so der Züchter.
Die Existenz zahlreicher Hundesalons, Spezialkliniken oder Pflegeheime unterstreichen Amirs Aussage. Die meisten dieser Einrichtungen werden jedoch inoffiziell betrieben, denn sie erhalten von den Behörden keine Genehmigung. Die Verbreitung der Haushunde beunruhige die Machthaber, so Amir: „Vom Parlament bis zu den Sicherheitskräften und Basidj-Milizen, auch staatsnahe Internetseiten: Sie alle sind Teil einer Kampagne gegen Hunde.“

Immer mehr IranerInnen entdecken die Freude am Leben mit einem Hund
Immer mehr IranerInnen entdecken die Freude am Leben mit einem Hund

Schon vor drei Jahren war dem Parlament ein ähnlicher Gesetzentwurf vorgelegt worden. Damals fanden viele Abgeordnete den Entwurf revisionsbedürftig. Er blieb in den Schubladen des Parlaments. Kurz darauf gab der Chef der iranischen Polizei, General Esmail Ahmadi Moghadam, bekannt, dass er für die Bekämpfung der Hunde kein Gesetz brauche. Die Sicherheitskräfte könnten auch mit einer Polizeiverordnung die Vierbeiner und ihre BesitzerInnen aus dem öffentlichen Raum verjagen. „Wir sind eine islamische Gesellschaft und Hunde sind dem Islam gemäß unreine Tiere. Sie dürfen nicht im Straßenbild auftauchen. Und dafür werden wir uns einsetzen“, so der Polizeichef.
Bisher werden HundebesitzerInnen, die auf der Straße erwischt werden, vereinzelt verwarnt. Doch scheinbar konnte diese Maßnahme die Verbreitung der „besten Freunde des Menschen“ in den iranischen Haushalten nicht verhindern.
Hund im Islam
Strenge Islamisten rechtfertigen ihren Kampf gegen Haushunde und deren Besitzer mit der islamischen Scharia. Da die „Unreinheit“ der Hunde nicht im Koran erwähnt ist, berufen sie sich auf angebliche mündliche Überlieferungen des Propheten Mohammad und dessen Nachfolger – Überlieferungen dieser Art: “Wenn ein Gläubiger beim Beten auf seinem Kleid ein Hundehaar findet, ist sein Gebet ungültig. Er muss das Haar entfernen, erneut Waschungen vornehmen und noch einmal beten“; oder: „Die Engel betreten keine Wohnung, in der es einen Hund gibt“; oder auch: „Wenn ein Hund aus einem Gefäß getrunken hat, muss das Gefäß mit Erde gereinigt und anschließend dreimal gewaschen werden.“
Einflussreiche Ayatollahs wie Makarem Shirazi bezeichnen Hundehaltung als „blinde Nachahmung der westlichen Kultur“ und plädieren für die Bestrafung der HaushundebesitzerInnen.
Hundeliebe als Invasion der westlichen Kultur
Irans Polizeichef: „Hunde sind unreine Tiere. Sie dürfen nicht im Straßenbild auftauchen!"
Irans Polizeichef: „Hunde sind unreine Tiere. Sie dürfen nicht im Straßenbild auftauchen!“

Die Abgeordneten des Parlaments betonen in ihrem Entwurf, dass die Haltung von Hunden und Affen gesundheitsschädlich sei. Aber Hundezüchter Amir glaubt, dass das nur ein Vorwand ist: „Wenn sie tatsächlich auf die Gesundheit der Menschen Wert legen, dann sollten sie sich über nachweisliche Gefahren Gedanken machen und Gesetze erlassen, die die tödliche Luftverschmutzung, die Verbrennung von Industrie- und Krankenhausmüll am Stadtrand oder die Entsorgung von Abwasser in Flüssen stoppen.“ Die steigende Zahl der Haushunde sei ein Beweis dafür, dass die IranerInnen die Drohungen der Kontrollorgane der Regierung nicht mehr so ernst nähmen, meint Amir: „Selbst härtere Gesetzesvorhaben werden die Liebe zwischen dem Menschen und dem Hund nicht zerstören. Wir werden immer mehr.“
Die wachsende Zahl von Menschen, die sich für Hunde und Hundezucht interessieren, gibt Amir recht. Auch Webseiten, die sich mit dem Thema beschäftigen, vermehren sich ständig. Manche davon gehören zu den bestbesuchten Seiten im Iran. Markantes Beispiel ist das Portal petiran der Teheraner Universität. Es ist offiziell eine digitale Fachzeitschrift für Tiermediziner. Doch bei näherem Betrachten entpuppt es sich als Portal für Haustier-, insbesondere Hundefreunde. Außer mit Tipps zu Impfungen und Medikamenten beliefert die Seite ihre NutzerInnen mit Beratung durch Fachpersonal. Den religiösen Hardlinern gilt das Portal als „Feind der islamischen Lebensweise“ und „Propagandaorgan der westlichen Kultur“. Doch zu schließen vermochten die Islamisten die Internetseite bisher nicht. Warum? – Das wissen nur sie selbst.
  MINA TEHRANI
Übersetzt von Said Shabahang