Abwarten: das Irangeschäft und die Auslandsiraner

Dann trat Rudi Bonte auf und zeigte jedem, der sehen wollte, die gewaltigen Berge, die in den vergangenen dreißig Jahren auf dem Weg hin zu einem normalen Zahlungsverkehr mit dem Iran aufgeschüttet worden sind. Der 66-jährige belgische Banker nennt sich Senior Advisor, ist aber in Wahrheit Bankenkontrolleur. Er sitzt in verschiedenen internationalen und europäischen Aufsichtsgremien wie etwa dem Baseler Ausschuss, der europäischen Bankenaufsichtsbehörde, und er berät Finanzinstitute in Sachen internationale Geldwäsche.
Dass ein solcher Experte die Debatte des Kongresses eröffnete, zeigt die Achillesferse eines jegliches Geschäfts mit dem Iran. Trocken, sachlich und fundiert sagte Bonte allen Zuhörern im Grunde eines: „Beeilt euch nicht.“ Nur am Rande erwähnte er die schwarze Liste der „Financial Action Task Force on Money Laundering” (FATF), dem internationalen Gremium, das Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung bekämpfen soll, auf der neben Iran nur noch Nordkorea steht.
Großbanken bleiben draußen
Auch deshalb meiden Großbanken noch jegliches Iran-Geschäft. Selbst die Eröffnung eines ganz normalen Girokontos ist für einen iranischen Staatsangehörigen oft nicht möglich. Das ist nach der 1,5-Milliarden-Dollar-Strafe durch US-Behörden für die Commerzbank 2015 und der Millionenstrafe für die Deutsche Bank wegen Verstößen gegen die Iransanktionen auch verständlich. Noch sind iranische Banken mehrheitlich vom SWIFT-System für internationale Finanztransaktionen ausgeschlossen. Bei der Europäisch-Iranischen Handelsbank (Eihbank) in Hamburg können Kunden erst seit vergangenem März in eingeschränktem Umfang wieder Geld in den Iran überweisen oder Zahlungen von dort erhalten. Saman Bank, ein privates Finanzinstitut aus Teheran, stellte sich auf dem Frankfurter Kongress ausführlich vor und gab an, ebenfalls im Besitz von SWIFT und BIC–COD zu sein. Doch eine Filiale im Ausland hat diese Bank noch nicht, die Transaktionen laufen über I-Banking. All das ist noch kein völliger Anschluss ans SWIFT-System. Senior Advisor Bonte hat mit seinem nüchternen „Wartet ab“ also den notwendigen Rat gegeben.
Ein alter Bekannter

Der Besuch des Iranischen Präsidenten Rouhani (hinten, li.) in Frankreich im Januar 2016 war angeblich ertragreich: 20 Kooperationsvereinbarungen kamen zustande - Foto: Frankreichs Präsident, François Hollande (hinten, re.) hinten rechts, Irans Umweltamtschefin Masoumeh Ebtekar und Frankreichs Außenminister Laurent Fabius)
Der Besuch des Iranischen Präsidenten Rouhani (hinten, li.) in Frankreich im Januar 2016 war angeblich ertragreich: 20 Kooperationsvereinbarungen kamen zustande – Foto: Frankreichs Präsident, François Hollande (hinten, re.) hinten rechts, Irans Umweltamtschefin Masoumeh Ebtekar und Frankreichs Außenminister Laurent Fabius)

Doch man kann nicht auf alles, was aus diesem Rat folgt, verzichten. Vor allem auf das nicht, was eine der schillerndsten Figuren der iranischen Außenpolitik dieser Tage landauf landab formuliert. Ihr Name ist Hossein Mousavian. Mousavian nennt sich offiziell Nuklear- und Sicherheitsspezialist für den Nahen Osten und ist derzeit wohnhaft in Amerika. Vielen Deutschen ist er gut oder besser gesagt schlecht in Erinnerung. Denn Mousavian war zwischen 1990 und 1997 Botschafter des Iran in Berlin – und das war eine der turbulentesten Perioden der deutsch-iranischen Beziehungen. Viele verbinden seinen Namen mit dem so genannten Mykonos-Attentat, das damals viele Exiliraner ebenso erschütterte wie die Deutschen.
Zwei Jahre nach Mousavians Amtsantritt in Berlin wurden vier iranische Exilpolitiker im Auftrag des iranischen Geheimdienstes im Berliner Restaurant Mykonos erschossen. Mousavian und die iranische Botschaft kamen damals in der deutschen Presse im Zusammenhang mit dem Mordanschlag vor. Außerdem hatte er mit den Folgen der Mord-Fatwa gegen den britischen Autor Salman Rushdi zu kämpfen. Als „Kriegserklärung gegen das Völkerrecht“ hatte der deutsche Bundestag Khomeinis Fatwa gegen den Autor der satanischen Versen verurteilt, alle zwölf damaligen EG-Staaten zogen aus Protest ihre Botschafter aus dem Iran ab. Wegen dieser Affären vermied Mousavian damals die Öffentlichkeit, die schlechte Presse ließ ihm keinen Raum.
One-Man-Show
Doch diese Zeiten sind längst vorbei. In diesen Tagen agiert Mousavian in Washington wie ein One-Man-Public-Relation-Office, tritt bei Talkshows, Kongressen, Thinktank-Zirkeln und überall dort auf, wo es um Iran, Atom und den Nahen Osten geht. Und stets hat er Sensationelles mitzuteilen. In Frankfurt verglich er zunächst Trump mit Ahmadinedschad, dann wartete er wie immer mit einer Art Breaking News auf: Er habe Informationen darüber, dass Trump das Atomabkommen mit dem Iran nicht zerreißen werde, Trump sei schließlich ein Geschäftsmann, vieles werde daher wenn nicht besser werden so doch weitergehen wie bisher.
Doch genau dieses „Weiter so“ ist es, was die europäischen Investoren fürchten. Solange die großen europäischen Finanzinstitute nicht in das Iran-Geschäft einsteigen, solange ein geordneter Zahlungsverkehr zwischen Iran und dem europäischen Ausland nicht existiert, sind Umwege unumgänglich und Vermittler unersetzlich. Und genau hier tauchen Auslandsiraner auf: Sie können eine unentbehrliche Rolle spielen. Nader Maleki hat es in Frankfurt bestens demonstriert.
Und das genau eine Woche nach der Wahl Donald Trumps, der bekanntlich ein entschiedener Gegner des Atomabkommens mit dem Iran ist und zu den Zeiten der Sanktionen zurückkehren will. Hat das Irangeschäft nach dieser Wahl überhaupt noch eine Zukunft? Was wollen, was können die europäischen, vor allem die deutschen Banken und Investoren machen, wenn sie nicht bereit sind, Trumps Iranlinie zu folgen?
Abwarten lautet einstweilen auch hier die Devise – genauso wie bei vielen anderen Themen, bei denen der Name Trump eine Rolle spielt.
  ALI SADRZADEH
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