Lobbyismus für das Regime oder Kriegsprävention?

Das Buch wurde von einigen Experten als scharfsinnig und ergreifend gelobt. Sohrab Ahmari missbilligte im „Wall Street Journal“ dagegen, Trita Parsi habe es versäumt, die US-Politik und ihr zugrunde liegende Annahmen neu zu untersuchen. Im Gegensatz zu Parsi glaubt Ahmari, Obamas Politik gegenüber dem Iran sei nicht an seiner Regierung gescheitert, sondern daran, dass das iranische Regime, wenn es mit seinem eigenen Volk oder Außenstehenden konfrontiert werde, nur eine Art von Antwort kenne: den Schlagstock.
Dieser Kritik ungeachtet war Parsi im Zusammenhang mit den USA-Iran-Beziehungen ein gefragter Talkshowgast – nicht zuletzt, weil er von der Möglichkeit eines Friedens zwischen Iran und Israel sprach. Parsi war häufig auch Gesprächspartner bei Nachrichtenprogrammen wie CNN, PBS Newshour, NPR, BBC und Al Jazeera.
NIAC und Parsi unterstützten das Engagement zwischen den USA und dem Iran in der Überzeugung, dass das nicht nur „unsere nationale Sicherheit stärken würde, sondern helfen wird, den Nahen Osten zu stabilisieren und die Gemäßigten im Iran zu stärken“. In einem Vortrag an der Harvard Law School argumentierte Parsi 2011, der Konflikt zwischen Israel und dem Iran sei kein ideologischer, sondern strategisch und geopolitisch. 2012 beschuldigte er Israel in einem Artikel für das Magazin Salon, „die Drohung des Krieges zu benutzen, um USA und EU zu Wirtschaftssanktionen gegen den Iran zu bewegen“. Er verurteilte dies als „blind“.

Lobbyisten, Radikalopposition und Hardliner

Die iranische Radikalopposition hielt die Aktivitäten iranischer Lobbygruppen in den USA von Anfang an für eine gezielte Desinformationskampagne: Während der Obama-Regierung hätten sich die Lobbys zu Partnern des Weißen Hauses entwickelt, Präsident Obamas Iranpolitik basiere weitgehend auf Ansichten und Empfehlungen der Pro-Iran-Lobby. Die politischen Empfehlungen, die sich aus den Kampagnen von NIC und NIAC ergäben, seien klar: Unabhängig von Aktionen des Iran sollten die USA ihre Sanktionen gegen das Land aufheben, die iranische Hegemonie in der Region akzeptieren und der iranischen Führung versichern, dass die USA niemals das Regime untergraben und den Kampf des iranischen Volkes dagegen unterstützen würden.
Interessanterweise fragen auch die Hardliner im Iran nach Absichten und Rolle der Lobbyisten. Sie befürchten, die Organisationen der US-IranerInnen seien neben ihrer vordergründigen Parteinahme für iranische Interessen daran interessiert, in die iranischen Machtzentren einzudringen. Insbesondere solle die iranische Bevölkerung dahingehend infiltriert werden, Kontakte und Austausch zwischen IranerInnen und US-AmerikanerInnen zu verstärken. Die NGOs der imperialistischen Länder würden mit solchen Mitteln „Regime Change“ betreiben.

„Krieg verhindern“

Die Teheraner Nachrichtenagentur Mashreghnews fragt in einem Artikel vom 17. April 2016 nach der Rolle, die die NIAC-Aktivisten Trita Parsi und Siamak Namazi bei den Atomverhandlungen gespielt haben. NIAC-Mitglied Human Majd soll sich im Kreis des Verhandlungsteams befunden haben. Mashreghnews bezieht sich auf ein Interview des persischsprachigen BBC-TV mit dem Präsidenten des NIAC, Trita Parsi, vom 12. April 2016, bei dem dieser von etwa siebzig Gesprächen mit dem iranischen Außenminister Javad Zarif und anderen Verantwortlichen der iranischen Atompolitik berichtete.

Dieses Foto kursiert seit Sonntag, den 24. November, in der persischsprachigen Internetgemeinde. Es zeigt den iranischen Außenminister M. Javad Sarif (li.) und seinen US-amerikanischen Amtskollegen John Kerry beim Händeschütteln nach der "historischen Einigung" zwischen dem Iran und dem Westen zur Lösung des Atomkonflikts -. Foto: Fararu.com
Ein historischer Moment: Irans Außenminister M. Javad Sarif (li.) schüttelt am 24. November 2013 seinem US-amerikanischen Amtskollegen John Kerry die Hand – Foto: Fararu.com

Auf die Frage des BBC-Reporters, ob Parsi über die Gespräche, die er mit US-Politikern und Kongressmitgliedern geführt habe, auch die iranische Seite informiert habe, sagte Parsi in dem Interview: „Wir wollen einen Krieg zwischen den USA und dem Iran verhindern, auch die für die Bevölkerung nicht hinnehmbaren Embargos sollen aufgehoben werden. Für diese Ziele haben wir mit jedem, der dabei eine Rolle spielt, geredet. Wie wollen, dass die vorhandenen Probleme friedlich gelöst werden. Wenn wir Diplomatie und Gespräche wollen, dann müssen wir mit allen reden und das, was wir mit der einen Seite besprochen haben, auch der anderen Seite sagen. Wir haben beiden Seiten gesagt, dass mit Druck, Embargos, Krieg und einem nicht transparenten Nuklearprogramm keine Seite ihr Ziel erreichen kann.“
Auf die Frage des Reporters, mit welchen iranischen Amtsträgern er gesprochen habe, antwortet Parsi: „Vor allem mit Personen aus dem Außenministerium. .. Ich schreibe gerade ein Buch über meine Gespräche, die ich mit 65 oder 70 Personen aus den Verhandlungsdelegationen des Irans, der USA, Europas, Russlands sowie mit gegen die Atomübereinkunft eingestellten Kongressabgeordneten geführt habe. Auch mit Außenminister Zarif habe ich gesprochen.“ Ob Parsi auch mit Obama gesprochen habe? Antwort: Er habe Obama oft getroffen, aber nicht mit ihm gesprochen. Er kenne jedoch das gesamte amerikanische Verhandlungsteam.
Es bleibt dennoch offen, welche Rolle Trita Parsi und sein NIAC bei den Nuklearverhandlungen gespielt haben und ob dabei auch längerfristige amerikanische Interessen bedient wurden.

Ahmadinedschads „Great Deal Offers“

Die Lobbyaktivitäten von NIAC und Trita Parsi gehen weit in die Ära der Präsidentschaft von Mahmud Ahmadinedschad zurück. Ende 2005 gab es in den USA starke Bemühungen, die Fehler des Irakkriegs nicht in einem Krieg gegen den Iran zu wiederholen. Dabei waren vor allem die Vertreter der Wirtschaft gegen ökonomische Embargos gegen den Iran. Es entstand eine Koalition zwischen der Wirtschaftsvereinigung USA-Engage, die vom National Foreign Trade Council gesponsert wird, dem NIAC und Teilen der liberalen Presse, die nach 2008 als „Campaign for a new American policy on Iran” (CNAPI) gegen die Embargopolitik der US-Regierung aktiv wurde.
Schon 2006 soll die Regierung Ahmadinedschad „Great Deal Offers“ entwickelt und eine Abschrift davon vom damaligen iranischen UN-Botschafter Javad Zarif am 28. März 2006 in New York Trita Parsi übergeben haben. Am 19. Mai soll Parsi Zarif mitgeteilt haben, dass die Kampagne zwei Konferenzen vorbereite, auf denen er sprechen und die „Great Deal Offers“ offiziell darstellen werde.
Am 23. August 2007 schrieb Parsi in einer Email an Zarif: „Ich würde gerne den Vorschlag (aus Teheran) sehen oder dessen Inhalt erfahren. Sollte der Vorschlag bemerkenswert sein, würden die Kongressabgeordneten ihn überzeugend finden, selbst wenn er dem Weißen Haus nicht gefällt.“ Am 25. Oktober stellte Parsi Zarif dann zwei demokratische Kongressabgeordnete mit der Bemerkung vor, diese seien Bush-Gegner und wollten sich mit Zarif treffen. Die Notwendigkeit dieses und weiterer Treffen wird mit den Worten umschrieben: „Die Abnahme der Spannungen zwischen beiden Ländern ist von wesentlicher Bedeutung, weil erst dadurch die nationalen und regionalen Ziele erreicht werden können.“

NIAC und Donald Trump
Fortsetzung auf Seite 4