"Trump provoziert Iran zum Schaden Amerikas"

In diese Machtbalance greift nun Trump mit seinen Reden und einigen
seiner Taten ein, mit dem Resultat, dass er die Macht seiner iranischen Feinde und Gegenspieler im Iran steigert und den Einfluss der potentiellen Freunde und Förderer einer iranischen Politik, wie sie den Wünschen und Interessen Amerikas entspräche – jener des Präsidenten Rouhani – zurückdrängt.
Die Dynamik ist leicht zu erkennen. Je stärker die Spannungen zwischen den USA und Iran wieder anwachsen, desto mehr Macht und Bedeutung gewinnen die Revolutionswächter, die als militärische, wirtschaftliche und politische Gegenmacht gegen die USA auftreten und wirken. Sie werden, wie zur Zeit Ahmedinejads, erneut die Verteidiger Irans gegen den „grossen Teufel“ und all seiner Vorhaben.
Wenn Trump tatsächlich versuchen sollte, den Atomvertrag zu brechen, indem er ihn kündigte, werden die Wächter ihre alte Stellung als die Betreiber der iranischen Atompolitik, wohin diese immer führen mag, uneingeschränkt zurückerhalten. Schon gegenwärtig bewirkt die Iran-Hetze des amerikanischen Präsidenten, dass Rouhani sich gezwungen sieht, gegen die USA aufzutreten und den Traum von weltweit guten Beziehungen mit dem Ausland zurückzustellen. Er selbst, der die Gänge und Wege des Regimes aus eigener Erfahrung kennt, ist der beste Beurteiler seiner eigenen Situation in Bezug auf die übergelagerte Macht des Herrschenden Gottesgelehrten und die wiederaufstrebende Gegenmacht der Revolutionswächter.
Rouhani muss elastisch nachgeben
Rouhani weiss, dass er seine Versprechen gegenüber seinen Wählern, die einen Wirtschaftsaufschwung verhiessen, nicht einhalten kann, wenn Trump auf die Pauke des Anti-Iranismus schlägt und versucht, den Iran niederzuhalten. Er weiss auch, dass unter diesen Bedingungen die
alternative Politik der Revolutionswächter, die auf militärischen und
politischen Machtgewinn für Iran, genauer für die Wächter selbst als
führende Macht im Iran, ausgeht, Gewicht gewinnt.
Er sieht sich gezwungen, seine Position zu retten, indem er elastisch nachgibt, zum Nachteil natürlich der Politik, die er eigentlich führen möchte und auf die seine Wähler gehofft hatten.
Trump schädigt Iran und Amerika
Fazit: Trump schädigt die Entwicklungen, die der Iran und dem Westen zugute kämen, und er fördert jene, die drohen, den Iran in einen kalten und
möglicherweise einen heissen, unkonventionellen, Krieg mit den USA zu verwickeln. Unkonventionell wird dieser Krieg – falls er kommen würde – ausfallen, weil die Revolutionswächter wohl schlau genug sind, trotz der Prestigeprojekte wie Atomwaffen und interkontinentale Raketen, sich nicht auf den Einsatz solcher schwerer Waffen zu konzentrieren. Viel eher werden sie davon ausgehen, dass ihnen ein Guerilla-Krieg mit Schnellbooten gegen Flugzeugträger und Partisanen mit „Improvisierten Explosiven Objekten“ gegen Tanks die besten Chancen bietet, den Amerikanern auf mittlere Frist (vielleicht zehn bis 15 Jahre Krieg) eine Niederlage zu bereiten.
ARNOLD HOTTINGER*
© Journal21
*Der Autor ist Orientalist und arbeitete über 30 Jahre als Korrespondent der NZZ aus Beirut, Madrid und Nikosia. Er verfasste Radiobeiträge für DRS, Bücher über Politik und Kultur der Islamischen Welt. Er reist periodisch in Länder des Mittleren Ostens.