Iran weiterhin im Schlepptau Russlands

Rouhani besitzt zwar einen Doktortitel einer englischen Hochschule, er ist aber des Englischen nicht mächtig. Wie er trotzdem zu seiner Doktorwürde kam, weiß man niemand genau. Doch der Präsident weiß sehr gut, dass es bei dieser merkwürdigen Debatte nur vordergründig um die Sprache geht. Es steht viel mehr auf dem Spiel: Es geht um den künftigen Kurs des Landes, nicht mehr und nicht weniger. Nach dem historischen Atomdeal streiten die Mächtigen im Iran über dessen Kurs: weiterhin fest an der Seite Russlands oder eine vorsichtige Öffnung gen Westen? Und dass sich gerade viele Kommandeure der Revolutionsgarden über die Gefahren des Englischen äußern, lässt ahnen, worum es geht.
Strategischer Scheideweg
Iran befindet sich dieser Tag am Scheideweg. Je nachdem wie man dabei die Frage nach dem Wohin beantwortet, entscheidet man auch über gigantische Wirtschaftsverträge, militärische Zusammenarbeit und sogar über die weitere Entwicklung der Kriege im Irak, in Syrien und dem Jemen.
Es geht also nicht darum, ob IranerInnen künftig Dostojewski und Tolstoi in der Originalsprache lesen können sollen, sondern um die strategische Verbundenheit mit Russland. Sollen jetzt, da die Sanktionen aufgehoben sind, auch westliche Konzerne in die milliardenschweren iranischen Großprojekte einsteigen dürfen oder soll alles beim Alten bleiben?

Der 89jährige Ayatollah Ahmad Jannati wurde zum Vorsitzenden des Expertenrates gewählt, obwohl er in seinem Wahlkreis Teheran am wenigsten Stimmen bekommen hatte
Der 89jährige Ayatollah Ahmad Jannati wurde zum Vorsitzenden des Expertenrates gewählt, obwohl er in seinem Wahlkreis Teheran am wenigsten Stimmen bekommen hatte

Der Revolutionsführer hat seine Entscheidung längst getroffen. Schon vom ersten Tag seiner Herrschaft an hat Ayatollah Khamenei jedem, der es wissen wollte, klargemacht, dass er die westliche Kultur zutiefst verabscheut und sich außenpolitisch mit Russland und Putin verbunden fühlt. Und diese Verbundenheit mit dem mächtigen Nachbar im Norden ist offenbar ein Vermächtnis des Ayatollah, das es auch nach seinem Tod zu wahren gilt. Dafür hat er bereits alle Vorkehrungen getroffen und damit sichergestellt, dass das Land nach seinem Ableben weiterhin auf Kurs bleibt. Nichts macht dies deutlicher als seine Ansprache vor dem gerade neu gewählten Expertenrat. Dieses Gremium, dessen Legislaturperiode acht Jahre währt, wählt im Falle des Falles seinen Nachfolger. Und der Fall könnte in den nächsten acht Jahren eintreten, darauf hat er selbst das Gremium aufmerksam gemacht.
Auch nach Khameneis Tod soll alles bleiben wie es ist
„Am schicksalhaften Tag müsst Ihr revolutionär entscheiden und handeln. Scheut vor nichts. Maxime Eurer Entscheidung muss sein, der arroganten Macht den Weg in den Iran zu verbauen“, so Khamenei vor den Experten, die höchstwahrscheinlich wissen, was demnächst auf sie zukommt. Denn der 76-jährige Revolutionsführer ist nach glaubwürdigen Informationen krank.
Keine Veränderung an der Spitze von Parlament und Expertenrat
Auf seiner ersten Sitzung wählte der Rat den ultrakonservativen 89-jährigen Ayatollah Ahmad Jannati zu seinem neuen Vorsitzenden. Bei der Wahl waren wichtige Kommandeure der Revolutionsgarden anwesend, ein Gegenkandidat der Reformer trat gar nicht erst an. Jannati revanchierte sich in seiner Antrittsrede mit klaren Worten: Alle wahren Anhänger des Revolutionsführers sollten beruhigt sein, der Kurs des geliebten Führers werde unbeirrt fortgesetzt, so Jannati, der unter den sechzehn gewählten Mitgliedern des Rates in Teheran den letzten Platz belegt hatte.
Auch im neu gewählten Parlament bleibt der alte Chef, Ali Larijani, auf seinem Posten. Und auch Larijani, der zu den engsten Vertrauten Khameneis gehört und dessen Bruder an der Spitze der iranischen Justiz steht, versicherte, in der Innen- und Außenpolitik bleibe der Iran auf dem bewährten, vom Revolutionsführer vorgezeichneten Kurs, das dürfe weder jetzt noch in der Zukunft jemand in Zweifel ziehen.
Atomabkommen hin, Sieg der Moderaten bei den Parlamentswahlen her: Die iranischen Machtverhältnisse bleiben vorerst zementiert, die Wege bleiben vorgezeichnet.
ALI SADRZADEH
Quellen:
sccr.ir/Pages/?current=news&gid=1&Sel=1085595
radiofarda.com/content/b22-iran-irgc-commander-advisor-worried-about-people-studied-in-britain/27771988.html
radiofarda.com/content/khamenei-on-new-rich/27711329.html
khabaronline.ir/detail/541124/weblog/vaziri
khabaronline.ir/detail/541380/weblog/tajik
kayhan.ir/fa/news/76196/دستاورد-امید-در-بهارستان-تقریبا-هیچ
mehrnews.com/news/3671991/عارف-برای-ریاست-دائم-مجلس-با-لاریجانی-رقابت-نمی-کند
radiofarda.com/content/b11-viewpoints-5th-experts-assembly-and-10th-majlis-heads/27764116.html
radiofarda.com/content/f8-janati/27754808.html
bbc.com/persian/iran/2016/05/160531_l51_larijani_majlis_speaker_elected