Fernstudium in Demokratie

Unser Hauptaugenmerk gilt der Gleichstellung der Frau, der Umwelt und freiem und globalem Cyber-Zugang. Denn der ist für unsere Arbeit und jedes Engagement für Bürgerrechte wichtig.  Durch freien Informationsfluss und Transparenz können wir mehr Aufmerksamkeit für die Randgruppen erreichen und die Stimme derjenigen sein, die von Politik oder Gesellschaft ausgegrenzt werden. Nachhaltig können wir unsere Ziele mit Hilfe von freiem und globalem Cyber-Zugang erreichen.

Ist es für die NGOs im Iran nicht gefährlich, Kontakt mit Selbsthilfegruppen im Ausland zu pflegen?

Ein Austausch mit Selbsthilfegruppen im Ausland ist für uns IranerInnen nichts Neues. Als wir noch im Iran agierten, haben wir Kontakte im Ausland aufgebaut und uns mit Vereinen in der Türkei, Marokko und Europa ausgetauscht. Die Idee für die Kampagne „Eine Million Unterschriften für die Abschaffung der rechtlichen Benachteiligung der Frau“ im Iran, die jahrelang für Aufsehen sorgte, wurde zum Beispiel in Marokko geboren. Marokkanische Frauen konnten mit einer ähnlichen Aktion erfolgreich auf die Rechtlosigkeit der Frauen in Marokko aufmerksam machen.

Wie können Sie angesichts der Entfernung feststellen, ob Ihre Arbeit erfolgreich war, sie bewerten und evaluieren?

Prof. Sohrab Razzaghi: Unser Hauptaugenmerk gilt der Gleichstellung der Frau, der Umwelt und freiem und globalem Cyber-Zugang!
Sohrab Razzaghi

Dank Netzverbindungen halten wir mit Menschen, die an unseren Schulungen teilnehmen, Kontakt und können sehr wohl beobachten, ob, wie, und wo sie sich entwickelt haben und Erfolge erzielen. Vor einiger Zeit war eine Frau aus einer benachteiligten Provinz in einem unserer Workshops. Sie hatte sich für ausgegrenzte Frauen in der Provinz eingesetzt. Nun haben wir erfahren, dass sie mit ihrer NGO erfolgreich Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen für Frauen durchführen konnte.

Gewähren Sie auch Starthilfen für neu gegründete Selbsthilfeorganisationen?

Unsere Arbeit beschränkt sich auf Vermittlung von Wissen und Fertigkeiten für die Gründung und Führung einer NGO oder Selbsthilfegruppe. Wir bieten keinerlei Hilfen finanzieller Art an.

  Interview: NASRIN BASSIRI

*Zur Person:

Sohrab Razzaghi, 53, war Professor für Politikwissenschaften an der Teheraner Allameh-Tabatabaie-Universität. Während der Reform-Ära unter dem iranischen Präsidenten Mohammad Chatami war er Vorstandsvorsitzender des Instituts für politische Studien des Innenministeriums. Heute lebt Razzaghi in den Niederlanden und führt hauptamtlich das ICTRC.

Nach der Machtübernahme Ahmadinedschads 2005 musste Razzaghi im Zuge einer „Säuberungswelle“ wie unzählige reformnahe UniversitätsdozentInnen seinen Lehrstuhl räumen.

Im März 2007 stürmten Sicherheitskräfte ohne Vorwarnung und Angabe von Gründen das Büro von Razzaghis NGO, dem „Iran Civil Society Organization Training and Research Center“ ICTRC, und versiegelten es. Auch sein Wohnhaus wurde durchsucht, Bücher und Computer wurden mitgenommen, sein Bankkonto und die Konten des ICTRC wurden beschlagnahmt. Im Oktober 2007 wurde Razzaghi verhaftet und im politischen Trakt des Teheraner Evin-Gefängnisses in eine Isolationszelle gesteckt. Das Revolutionsgericht warf ihm vor, geheime Dokumente gesammelt und an „fremde Mächte“ geliefert, die nationale Sicherheit gefährdet und den Sturz des Regimes beabsichtigt zu haben. Ihm wurde ferner der Erhalt von Finanzmitteln durch internationale Institutionen wie UNICEF zur Last gelegt.

Nach einem Monat Isolationshaft wurde Razzaghi gegen 200 Millionen Tuman Kaution (damals umgerechnet 150.000 Euro) aus der „Untersuchungshaft“ entlassen. Im Sommer 2009 wurde er dann unmittelbar nach der umstrittenen Wiederwahl von Ahmadinedschad und der Verhaftung zahlreicher Reformer von den Sicherheitsbehörden vorgeladen. Er folgte der Vorladung nicht, sondern verließ den Iran.

Später wurde Razzaghi in Abwesenheit zu 20 Jahren Haft und einer Geldstrafe in Höhe von umgerechnet 550.000 Euro verurteilt. Sein Anwalt Abdolfattah Soltani, der politische AktivistInnen und MenschenrechtlerInnen verteidigte, wurde zu 18 Jahren Haft und 20 Jahren Berufsverbot verurteilt.