Industrie als Sorgenkind der iranischen Wirtschaft

Auch die Haushaltsindustrie leidet unter mangelnder Nachfrage. Die planlose Einfuhr soll daran schuld sein. Der traditionsreiche Hersteller Azmayesh hat im Januar 2017 nach 60 Jahren die Produktion eingestellt. Der Erzrivale Arj steht ebenso kurz vor dem Aus. Der organisierte Schmuggel nimmt der Haushaltsindustrie die Luft zum Atmen. In den ersten sieben Monaten des Jahres 2016 wurde laut dem Teheraner Polizeichef in der iranischen Hauptstadt Schmuggelware im Wert von über 27 Milliarden Euro sichergestellt. Medikamente, Textilien, Haushaltsgeräte und Zigaretten würden am häufigsten eingeschmuggelt, so der Polizeichef, der von „organisiertem Schmuggel“ sprach, ohne auf die Identität der Täter einzugehen.

Abolfazl Roghani, Vorsitzender der Industriekommission der iranischen Handelskammer, hält zwar den Schmuggel für ein großes Problem für die iranischen Hersteller. Finanzierungshürden seien jedoch entscheidender, so Roghani: “Der offizielle Zinssatz für Finanzierungen industrieller Investitionen wird auf 22 bis 32 Prozent geschätzt.” Das Bankensystem sei damit “eine der größten Hürden auf dem Weg zur Industrialisierung des Landes“, fügte er im Sommer 2016 hinzu.

Problem Bankwesen

Solange es keine Verbindung zwischen dem iranischen und dem internationalen Bankwesen gibt, hilft auch die Aufhebung der internationalen Sanktionen nicht. Denn der fehlende Zugang des Iran zum globalen Bankensystem stellt ausländische Investoren vor große Herausforderungen.

Nach der Verschärfung der internationalen Sanktionen 2012 wurde die Verbindung des iranischen Bankensystem zum SWIFT (Society for Worldwide Interbank Financial Telecommunication) gekappt. Die internationale Isolation ließ den iranischen Export nach Europa von 17 Milliarden Dollar im Jahr 2011 auf 1,2 Milliarden Dollar im Jahr 2014 schrumpfen. Auch der Import aus Europa ging in diesem Zeitraum um 40 Prozent zurück.

Autoindustrie, eines der größten Sorgenkinder der iranischen Wirtschaft
Autoindustrie, eines der größten Sorgenkinder der iranischen Wirtschaft

Die internationalen Großbanken trauen sich immer noch nicht, mit der Islamischen Republik Geschäfte zu machen. Der französische Fahrzeughersteller PSA wickelt Geschäfte mit iranischen Autobauern über die schweizerische Regionalbank Banca Popolare di Sondrio ab. „Die schweren Strafen der USA gegen die großen Banken, die während der internationalen Sanktionen mit dem Iran Geschäfte gemacht haben, haben die Banken vorsichtiger gemacht“, sagte der französische Botschafter in Teheran in einem Interview mit der Tageszeitung Iran. 2014 musste die französische Bank BNP Paribas wegen Geschäften mit dem sanktionierten Iran neun Milliarden Dollar Strafe zahlen. Nach dem Atomabkommen ist die Europäisch-Iranische Handelsbank in Hamburg das einzige Geldhaus, das seine Geschäfte mit dem Iran vollständig aufgenommen hat. Die Bank gehört dem Iran.

Problem Transparenz

Der iranische Außenminister Mohammad Javad Zarif wies in einem Bericht über den Atomdeal, den er dem Parlament vorgelegt hat, auf die größte Herausforderung bei der Umsetzung des Atomdeals hin. Das Land müsse Vertrauen schaffen, so Zarif. Korruption, mangelnde Transparenz, Geldwäsche und komplexe Regeln vergrößerten die Herausforderung. Transparency International stufte den Iran 2016 unter 176 Ländern auf Platz 131 ein.

Als die iranische Regierung im Sommer 2016 bekannt gab, das Land an die internationale Arbeitsgruppe für finanzielle Maßnahmen gegen Geldwäsche (FATF) anschließen zu wollen, musste sie massive Kritik ihrer konservativen Gegner einstecken. Die Tageszeitung Kayhan, die die Interessen der radikalsten Lager der iranischen Politik vertritt, warf der Regierung Rouhani die „Versteigerung der iranischen Bankdaten“ vor. Vor der Kooperation mit der Arbeitsgruppe stand der Iran neben Nordkorea auf der schwarzen Liste der FATF.

Mehrdad Emadi, iranischer Wirtschaftsberater der Europäischen Union, ist der Meinung, dass mit der Aufhebung der internationalen Sanktionen nur ein Drittel der Probleme des Iran gelöst werden können: „Zwei Drittel machen das Missmanagement und die Korruption aus.” Die Aufhebung der Sanktionen schaffe zwar “neue Möglichkeiten”, so Emadi: “Es gibt jedoch verschiedene Monopolisten im Iran, die den Privatsektor daran hindern, an diese Möglichkeiten zu kommen.“

  MAHINDOKHT MESBAH

Aus dem Persischen von IMAN ASLANI

Persischsprachige Quellen:

www.khabaronline.ir , www.isna.ir/news , www.boursenews.ir/fa ، www.isna.ir ,  razegh.com/fa
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