Fortsetzung der Proteste: Das Feuerfest

Wie bei den Anlässen der vergangenen Wochen, beherrschte auch beim gestrigen Feuerfest (Chahar Shanbeh Suri) ein großes Aufgebot von Sicherheitskräften die Straßen vieler iranischer Städte.
Aus einigen Städten gab es Berichte über zahlreiche Festnahmen, Menschenrechtsorganisationen beklagen Misshandlungen der Verhafteten. Die Teheraner Polizei macht widersprüchliche Angaben über deren Zahl: Der stellvertretende Polizeichef, Ahmadreza Radan, spricht von wenigen Inhaftierten, während der Teheraner Einsatzleiter, Ali Karimi, die Zahl von annähernd 500 nennt.
Der Leiter der Teheraner Notfallaufnahme berichtet von 1126 Personen, die mit zum Teil ernsthaften Verbrennungen eingeliefert wurden. Der Geheimdienstchef, Heydar Maslahi, erklärte in einem Interview, dass niemand dem Aufruf der Opposition gefolgt sei, und es beim Feuerfest keine besonderen Vorkommnisse gegeben habe.
Augenzeugen berichten dagegen von spontanen Protestrufen beim Feuerfest. Auf Youtube-Videos sind Parolen wie „Nieder mit der Diktatur“, „Diktator schäm dich, lass ab von meinem Land“  oder „Mubarak, Ben Ali, die Reihe ist nun an Seyed Ali“ (gemeint ist Ayatollah Ali Khamenei) zu hören. Auch das Verbrennen von Bildern des Revolutionsführers oder des Präsidenten wurde dokumentiert. Aus unterschiedlichen Städten, besonders aber aus Teheran, wurde über Zusammenstöße mit Sicherheitskräften und Milizionären berichtet.
Zuvor hatte der Revolutionsführer Khamenei, wie jedes Jahr, das Fest für unislamisch erklärt. Das Feuerfest ist eine vorislamische Tradition, die mit Zarathustrismus ‎in Verbindung steht; Feuer steht für Licht und Wahrheit. Am Abend zum letzten Mittwoch des Jahres werden Feuerwerkskörper und Feuerstapel angezündet. Seit Beginn der Revolution hat das Regime versucht, die Festlichkeiten des Neujahrsfestes (Nowruz) abzuschaffen – jedoch ohne Erfolg.
So hatten Polizei und Staatsanwaltschaft ein hartes Vorgehen gegen „Unruhestifter“ angekündigt, aber friedliche Feuerspiele nicht ausdrücklich verboten. Verboten wurde zur Vermeidung von Staus der Verkehr von Motorrädern in Teheran ab 16 Uhr Ortszeit, und sämtliche Mülleimer der Hauptstadt wurden eingesammelt, um Bränden vorzubeugen. Ladenbesitzer mussten bereits um 16 Uhr schließen. Über 3000 Notfallwagen waren in Alarmbereitschaft.
Etliche Youtube-Videos zeugen von einer ausgelassenen Stimmung der Jugendlichen, die wie jedes Jahr bis spät in die Nacht auf Straßen und Plätzen über Feuerhaufen sprangen und gemeinsam tanzten – dabei ist es in der Islamischen Republik ein Tabu, überhaupt öffentlich zu tanzen, gemeinsames Tanzen von Jungen und Mädchen, zudem einander fremden, ist strafbar.
Freepars bloggt: „So ein Chahar Shanbeh Suri habe ich im Leben nicht gesehen. Alle Läden, die ich aufgesucht habe, hatten ihr ganzes Feuerwerk ausverkauft; ich konnte nirgends welches finden. Entsprechend kam es mir in den Wohnvierteln vor wie auf dem Kriegsfeld. Nicht eine Sekunde Ruhe, überall knallte es. Die Menschen zeigten, dass sie an ihren Traditionen festhalten und an diesem Abend dem diktatorischen System die Hölle bereiten.“
Salamsabz berichtet: „Vorgestern hörte ich in einer Unterhaltung von Leuten, die kein Internet und keine Satellitenschüsseln haben, wie jemand sagte, er hätte gehört, die nächste Aktion sei für den Chahar Shanbeh Suri geplant. Das zeigt, dass die Menschen den Rhythmus der Proteste von allein bestimmen und die Nachrichten darüber zirkulieren lassen.“
So auch der nächster Protesttermin der Opposition: Einige politische Aktivisten haben dazu eingeladen, am Donnerstag (17. März) aus Solidarität mit den Familien der nach den 2009er Wahlen Getöteten eine Kundgebung auf dem Teheraner Friedhof zu veranstalten.
Dalaghakiran umschreibt das Ziel beim Feuerfest: „Bedenkt, dass wir, eure Väter, 1979 unsere Freude für nichts an die Geistlichkeit verkauft haben. Ihr habt keine andere Mission, als diese Freude von der herrschenden Geistlichkeit zurück zu gewinnen. Wenn ihr die Freude zurückerobert, dann versichere ich, dass die Geistlichkeit den Rückzug antreten wird.“
Jahanezan meint: „Die Regierung hat sich so weit vom Volk entfernt, dass dies weder mit Wallnüssen noch Knüppeln, weder mit Faustschlägen noch mit Lächeln rückgängig gemacht werden kann. Chahar Shanbeh Suri ist das Fest des Feuers, des Lichts, der Liebe, des Tanzes und der Freude. Die Islamische Republik verkörpert aber das Dunkel, den Schmerz und die Trauer, mit ihrer schwarzen Fahne und ihrer Totenverehrung. So ist die Freude und das Lächeln der Menschen ein Schuss ins Herz des Teufels…“