Die Folgen der Sanktionen

Die Schlinge um die Islamische Republik Iran wird enger. Am Donnerstag beschloss der  US-Senat Strafmaßnahmen gegen ausländische Banken, die Geschäftsbeziehungen zur iranischen Notenbank haben.  Am gleichen Tag setzte die Europäische Union 180 Personen und Firmen aus dem Iran auf ihre schwarze Liste. Ein Bericht über Nutzen und Schaden von Sanktionen.
 
Seit dem jüngsten Bericht der internationalen Atomaufsichtsbehörde (IAEA), der zum ersten Mal von „glaubwürdigen Hinweisen“ auf eine militärische Dimension des iranischen Atomprogramms sprach, verschärft der Westen seine Sanktionen gegen die islamische Republik.
Das Vorhaben des US-Senats, Strafmaßnahmen gegen ausländische Banken zu verhängen, die Geschäftsbeziehungen zur iranischen Notenbank unterhalten, wird aber von der US-Regierung und Teilen der Europäischen Union (EU) mit Skepsis betrachtet. Allein Großbritannien hat einen ähnlichen Schritt unternommen. Die EU möchte vorerst keine solchen Maßnahmen ergreifen. Die europäischen Außenminister konnten sich bei ihrem Treffen am Donnerstag nicht auf Sanktionen gegen die iranische Zentralbank oder ein Ölembargo einigen. Man werde sich auf einem Treffen im Januar erneut damit beschäftigen, hieß es.
Europäische Abhängigkeiten
Die unterschiedlichen Positionen der europäischen Länder zu einer Sanktion der iranischen Öl-Importe resultiert aus den jeweils unterschiedlichen Profiten, die die Länder aus diesem Handel bislang ziehen. Vor allem kriselnde Länder wie Spanien oder Griechenland haben ihr Erdöl bisher zu einem guten Preis aus dem Iran bezogen. Zudem haben sie gute wirtschaftliche Beziehungen zum Iran, der wiederum beim Eintreiben von Schulden nicht sonderlich streng, eher wohlwollend vorging. Entsprechend sind diese Länder gegen ein Öl-Embargo.
2010 gingen 18 Prozent der iranischen Öl-Exporte in Länder der EU. Experten prognostizieren für den Fall eines Öl-Embargos einen deutlichen Anstieg des Ölpreises von derzeit 100 Dollar auf bis zu 150 Dollar pro Barrel. Dann müsste die EU deutlich mehr für Erdöl bezahlen – was den kriselnden europäischen Wirtschaften deutlich schaden würde, während der Iran sein Öl günstig an China verkaufen könnte.
Unterschiedliche Meinungen unter Iranern
Auch die geduldete Opposition im Iran ist gegen derartige Sanktionen, weil sie vor allem die iranische Bevölkerung, insbesondere die Mittelschicht und  die sozial ohnehin schwächeren Teile treffen würden. Ein Großteil der Oppositionellen im Ausland lehnt „blinde Sanktionen“ ebenfalls ab. Nur zielgerichtete Sanktionen könnten die

Der Iran konnte bisher mithilfe seiner Nachbarn die internationalen Sanktionen teilweise umgehen.
Der Iran konnte bisher mithilfe seiner Nachbarn die internationalen Sanktionen teilweise umgehen.

Mächtigen im Iran auf die Knie zwingen. Abol-Hasan Banisadr, der erste Präsident der Islamischen Republik, stellte in einem Interview mit dem Christian Science Monitor vierzehn Vorschläge für Sanktionen gegen Diktaturen wie den Iran vor. Dazu gehört ein Verbot für westliche Banken und Firmen, Gelder und Güter von Behörden und Oberhäuptern dieser Länder zu halten und zu verwalten. Des Weiteren sollten im Ausland gelagerte Gelder und Güter solcher Diktaturen eingefroren und der jeweiligen Bevölkerung ausgezahlt werden, sobald die Regierung wechselt. Es müsse bei Ölgeschäften mehr Transparenz darüber geschaffen werden, fordert Banisadr zudem, wohin die westlichen Gelder tatsächlich fließen, um ausschließen zu können, dass diese zum Beispiel bei Mitgliedern der jeweiligen Regierung landen.
Haben bisherige Sanktionen gegen den Iran etwas bewirkt?
Die Verantwortlichen in Teheran beantworten diese Frage mit Nein. Alaeddin Borudscherdi, Vorsitzender des Ausschusses für Nationale Sicherheit und Außenpolitik des Parlaments, behauptet sogar, „dank dieser Sanktionen“ sei das iranische Regime mächtiger geworden.
Viele Experten sind allerdings anderer Meinung. Die Sanktionen, insbesondere die aktuellen, würden die iranische Wirtschaft deutlich lähmen. Die Entscheidung Großbritanniens, die iranische Zentralbank zu boykottieren, habe einen der wichtigsten Nerven der iranischen Wirtschaft getroffen, sagte der in Berlin lebende politische Analyst Mahran Barati im Gespräch mit der Deutsche Welle. Mit dem Beschluss Großbritanniens, Kanadas und der USA, Erdöleinkäufe aus dem Iran zu unterbinden, sei „die Hauptader des Regimes getroffen worden“, so Barati.
Die Rolle der Nachbarländer
Der Iran konnte bisher mithilfe seiner Nachbarn die internationalen Sanktionen teilweise umgehen. Seit dem Ausbruch des „arabischen Frühlings“ haben sich die Beziehungen zu den Emiraten am Persischen Golf aber verschlechtert. Iran habe Aufständische unterstützt, so der Vorwurf.  Auch mit der Türkei kann der Gottesstaat nicht mehr rechnen. Konnte er bisher mithilfe türkischer Firmen die Sanktionen zum Teil kompensieren, ist nun Zoff mit dem westlichen Nachbarn angesagt. Die Türkei hat Syrien, den wichtigsten Unterstützer Irans, fallen lassen und möchte die iranischen Bestrebungen nach mehr Macht in der Region unterbinden.
Am Freitag forderte der amerikanische Vizepräsident Joe Biden in einem Treffen mit dem türkischen Präsidenten Abdullah Gül die Türkei auf, neue Sanktionen gegen den Iran zu beschließen. Für die Türkei als NATO-Verbündeten und EU-Kandidaten ist die Iran-Frage von großer Bedeutung und es ist deshalb wahrscheinlich, dass der Iran diesen wichtigen wirtschaftlichen Partner verliert.
Die Schlinge um die Islamisten im Iran wird damit immer enger. Der frühere iranische Präsident Mohammad Khatami sagte kürzlich in einer Rede vor Stundenten, es gebe sowohl im Iran als auch in den USA Menschen, denen es gefallen würde, wenn die Lage eskalierte und zu Gewalt führte. „Unsere weisen Führer müssen schnell diejenigen aufhalten, die ihre Brötchen mit Krisen und Spannungen verdienen“, so Khatami: „Solange die Lage noch nicht ausweglos ist.“