"Bye Bye Ahmadinedschad – Salam Rouhani"

Irans neuer Präsident Hassan Rouhani bezeichnet seine Regierung als „gemäßigt“ und nennt sich „Hoffnungsträger“. Aber beginnt mit ihm wirklich eine neue Ära? Und was erwarten die Iraner von ihrem neuen Regierungschef? Eine Zusammenfassung von Forough Hossein Pour.
 
 Am Sonntag legte der neue iranische Präsident Hassan Rouhani seinen Amtseid vor dem Parlament ab. Dem Gesetz nach muss dies im Beisein des iranischen Justizchefs und der  Mitglieder des iranischen Kontrollgremiums Wächterrat geschehen. Bei der Vereidigung des siebten iranischen Präsidenten sorgte aber vor allem ein Mann, der nicht da war, für viele Spekulationen. Rouhanis Vorgänger Mahmud Ahmadinedschad war nicht zu der Vereidigungszeremonie erschienen. Ein Grund für seine Abwesenheit wurde bislang nicht bekannt. Politische Beobachter bieten zwei verschiedene Erklärungen an: Die einen meinen, Ahmadinedschad sei wegen seiner konfliktreichen Beziehung zu Parlamentschef Ali Larijani gar nicht eingeladen gewesen. Die anderen glauben, der Ex-Präsident habe die Veranstaltung als Abrechnung mit Larijani von sich aus boykottiert. Einig sind sich beide in einem: Dies war das erste Mal seit der iranischen Revolution vor 34 Jahren, dass ein Ex-Präsident nicht zur Vereidigung seines Nachfolgers erschien.
„Sprache der Sanktionen“ beenden
Erstmalig waren diesmal auch Vertreter ausländischer Regierungen zu der Zeremonie eingeladen. Auch wenn viele der 52 ausländischen Gäste aus der Region und aus Nachbarländern stammten, nutzte der frisch vereidigte Präsident die Gelegenheit, dem Westen Aussichten im Hinblick auf Verhandlungen über das umstrittene Atomprogramm seines Landes anzubieten: „Wer Positives erreichen will, muss künftig mit dem Iran in der Sprache von Ehre und Achtung statt in der Sprache von Sanktionen sprechen“, so Rouhani. Er betonte in seiner Antrittsrede, Frieden und Sicherheit in der Region hätten für seine Regierung höchste Priorität. Als ersten wichtigen Schritt in diese Richtung wolle er mehr Transparenz in die iranische Außenpolitik bringen.
Reaktionen auf Rouhani

Rouhani kam mit westlichen Politikern gut aus - Foto: mit Großbritanniens Ex-Außenminister Jack Straw
Rouhani kam mit westlichen Politikern gut aus – Foto: mit Großbritanniens Ex-Außenminister Jack Straw

Sucht man bei Google auf Persisch die Worte „Ahmadi bye bye“, findet man Dutzende Seiten mit diesen Schlüsselbegriffen. „Ahmadi“ steht als Abkürzung für den ehemaligen Präsidenten Mahmud Ahmadinedschad. Gleichzeitig begrüßen viele iranische Internet-User ihren neuen Präsidenten mit „Salam Rouhani“. Der gemäßigt Konservative erntet für seine versöhnliche Antrittsrede vorerst viel Lob.
Kommentare iranischer Internetuser auf Facebook oder Twitter lassen vor allem drei Erwartungen an Rouhani deutlich werden: die Verbesserung der wirtschaftlichen Lage im Land, das Beenden der internationalen Sanktionen gegen den Iran und die Freilassung der politischen Gefangenen. Für heftige Diskussionen unter den Internetaktivisten sorgt die Frage, ob es Rouhani gelingen wird, diese Erwartungen zu erfüllen. So schreibt der User Hassan auf Rouhanis Fanseite auf Facebook: „Er ist ein Teil dieses Systems und seine Machtbefugnisse sind begrenzt.“ Ehsan Mosayebi schreibt, er sei frisch verlobt und könne nicht heiraten, da er mit seinem geringen Gehalt keine Familie gründen könne. Der 26-Jährige bittet daher den neuen Präsidenten, seine Versprechungen einzuhalten und die wirtschaftliche Situation zu verbessern.
Kritik gibt es im Internet am Kabinettsentwurf des neuen Präsidenten. „Wie kann Rouhani über die Gleichstellung von Mann und Frau sprechen, für sein Kabinett aber keine Ministerin vorschlagen?“, schreibt der Blogger Arsalan: „Es gibt 30 Millionen Frauen im Land, wenigstens eine von ihnen hätte doch einen Ministerposten verdient.“ Rouhani hatte am Sonntag nach seiner Vereidigung dem Parlament auch die Kabinettsliste für die künftigen 18 Ministerposten übergeben. Laut Gesetz haben die Abgeordneten nun eine Woche Zeit, das Kabinett zu billigen.
Bewertung per Internet
Alle Favoriten des neuen Präsidenten für Ministerämter sind Männer
Alle Favoriten des neuen Präsidenten für Ministerämter sind Männer

Auch in der Ferne sind Iraner interessiert, ob der neue Präsident seine großen Pläne umsetzen  wird. Akademiker der kanadischen University of Toronto haben eine Online-Seite eingerichtet, auf der sie Rouhanis erste hundert Tage bilanzieren wollen. In vier verschiedenen Kategorien wie Wirtschaft, Innen- und Außenpolitik, Gesellschaft und Kultur können User ab Sonntag 100 Tage lang dem neuen Präsidenten Punkte geben.
Lob von Khamenei
Bei der Amtseinführung des neuen Präsidenten durch den obersten religiösen Führer des Iran, Ayatollah Ali Khamenei, hatte dieser Rouhani am Samstag als jemanden bezeichnet, der „erprobt“ und „bewährt“ sei. Ein Blick auf den politischen Werdegang des 64-Jährigen macht dies deutlich: Rouhani war Vertreter des religiösen Führers Ayatollah Khamenei im iranischen Nationalen Sicherheitsrat von 1989 bis heute, ebenso lange Mitglied des Expertenrats, seit 1991 auch Mitglied des Schlichtungsrats und seit 1992 Leiter des Zentrums für strategische Forschung des Iran. Außerdem war Rouhani 20 Jahre lang, also in vier von neun Legislaturperioden, Mitglied des iranischen Parlaments und von 1989- 2005 Vorsitzender des Nationalen Sicherheitsrats des Iran.