Reiseland ohne Touristen

Trotz seiner Attraktionen spielt der Iran im Welttourismus keine Rolle. Selbst viele iranische Urlauber ziehen es inzwischen vor, in Nachbarländer zu reisen. Die Regierung will das nun verhindern.
Historische Denkmäler von Weltrang, umwerfende Landschaften, Strände am Persischen Golf und am Kaspischen Meer, Berge und Wüsten – der Iran hat das Potenzial, um Touristen aus der ganzen Welt anzuziehen. Nach Einschätzung der UN-Welttourismusorganisation (UNWTO) könnte das Land unter den ersten zehn Touristenländern der Welt stehen – wenn es eine funktionierende Tourismusindustrie gäbe.
Nach dem 20 Jahre-Entwicklungsplan des Iran, der 2005 veröffentlicht wurde, sollte die touristische Anziehungskraft des Landes soweit entwickelt werden, dass bis 2025 zwei Prozent der Welttourismuseinnahmen in den Iran laufen. 20 Millionen Touristen sollen pro Jahr kommen. Das Land könnte damit dringend benötigte Devisen erwirtschaften und mit neuen Jobs die hohe Arbeitslosigkeit eindämmen.
Tatsächlich spielt der Tourismus auch sechs Jahre später keine nennenswerte Rolle bei der Wirtschaftsleistung des Landes.
Pilger, keine Touristen

Isfahan eine der Touristenzentren Irans, mit alten Brücken, Plätzen und einem phantastischen Basar.
Isfahan eine der Touristenzentren Irans, mit alten Brücken, Plätzen und einem phantastischen Basar.

Nach dem neusten Bericht des Weltwirtschaftsforums (Davos) über Reisen und Tourismus steht der Iran als Tourismus-Standort unter 139 Länder auf Rang 114. Deutschland steht auf Platz zwei. Unter den 16 Ländern in Nahost und Nordafrika hat nur das krisenerschütterte Libyen schlechter abgeschnitten. Von den Nachbarn des Irans konnten die Vereinigten Arabischen Emirate sich auf 30. Rang platzieren, die Türkei steht auf Rang 50.
Insgesamt fließen 14 Kriterien zu gleichem Anteil in die Bewertung ein. Darunter sind Sicherheit, Gesundheit, Nachhaltigkeit, Infrastruktur, Kosten und Freiheiten für Touristen. Nach Angaben der Experten hat der Iran besonderes bei den letzten beiden Kriterien, aber auch bei der Qualität der touristischen Dienstleistung erheblichen Nachholbedarf.
Nach Worten von Mostafa Motavarzadeh, Abgeordneter des iranischen Parlaments und Mitglied der Wirtschaftskommission, gibt es im Iran fast nur „Pilgertourismus“. Im Interview mit der Zeitung Etemad (24.09.2011) sagte er, die Pilger seien meist Einheimische oder Schiiten aus benachbarten Länder. Die Zahl der „Nichtpilgertouristen“ ist hingegen nach den Unruhen  um die  Präsidentenwahl 2009 und den folgenden weiteren Beschränkung der Freiheit noch geringer geworden. Nach Angaben von Hossein Mohtajallah, dem Vorsitzenden des Vereins der Hotelbesitzer in der Provinz Yazd, ist die Zahl der Touristen seither nochmals um zwei Drittel gesunken.
Iran als „Touristenexporteur“
Viele Iraner reisen in letzter Zeit in Nachbarländer, um ihren Urlaub günstiger, komfortabler und freier zu verbringen. In den Ferientagen der Jahreswende (März-April) haben vier Millionen Iraner das Land verlassen, obwohl die iranischen Hotelbesitzer bis zu 50 Prozent Rabatt anboten – der Iran  ist vom „Touristenimporteur“ zum „Touristenexporteur“ geworden.
Die Regierung versucht jetzt zumindest die Ausreise der iranischen Touristen zu beschränken. Ein Vertreter der Tourismusbehörde, Ahmad Dehghan, gab im Interview mit der Nachrichtenagentur Fars den Plan der Regierung bekannt, die Abgaben für Auslandsreisen zu erhöhen und den Wechselkurs der iranischen Währung zu ändern, um iranische Urlauber von Auslandsreisen abzubringen.