„Iranischer Banksy“ sorgt für Aufsehen

In den internationalen Medien tauchte der Iran zuletzt entweder wegen der Atomgespräche oder im Zusammenhang mit den Konflikten im Nahen Osten auf. Doch auch auf kultureller Ebene ist derzeit im Gottesstaat viel los. So beschäftigt etwa das Geheimnis der Schwarzen Hand die Öffentlichkeit. Und kurze Hosen, getragen in Brasilien, könnten zu Berufsverboten führen.
Ein Wand-Graffiti wird derzeit von Tausenden iranischen Facebook- und TwitteruserInnen fleißig geteilt. Es zeigt eine grimmig schauende Frau, die ein Kopftuch und ein Trikot der iranischen Fußballnationalmannschaft trägt – und über ihren Kopf eine Flasche Spülmittel sowie den WM-Pokal hält. Das Bild stammt von einem iranischen Künstler mit dem Pseudonym „Black Hand“, dessen wahre Identität unbekannt ist. Womöglich wolle „Black Hand“ mit dem Werk Kritik an dem traditionellen Rollenbild der iranischen Frau als Hausfrau üben und gleichzeitig auf das Stadionverbot für Frauen aufmerksam machen, vermuten Kunstkenner. Sehen konnte man das Werk auf einer Wand in der Teheraner Vali-Asr-Straße, ehe das vielfach abfotografierte Motiv zunächst teilweise mit roter Farbe übermalt und schließlich komplett entfernt wurde. Wer Übermalung und Entfernung vorgenommen hat, ist unklar. Da Graffiti auf öffentlichen Wänden im Iran wie in vielen anderen Ländern auch verboten ist und das Kunstwerk eine kritische Botschaft trug, halten viele den Staat für verantwortlich. Andere glauben, dass „Black Hand“ selbst das Werk mit der roten Farbe modifizieren wollte. Die stets gesellschaftskritische Graffitikunst von „Black Hand“, der auch als der „iranische Banksy“ bezeichnet wird, war in den vergangenen Jahren schon an vielen Orten in der iranischen Hauptstadt zu sehen. Für Aufsehen hatte auch ein Bild gesorgt, das ein Link des Videoportals Youtube zeigte. Das Video, auf das das Gemälde verwies, zeigt einen iranischen General, der in einer geheimen Rede die Manipulation der Präsidentschaftswahlen von 2009 zugunsten von Mahmud Ahmadinedschad durch die Revolutionsgarde eingesteht.
Modekollektion für Staatsbedienstete

Staatlich propagierte "Mode"
Staatlich propagierte „Mode“

Der Iran plant den Entwurf einer eigenen Modekollektion für PolitikerInnen und Staatsbedienstete. Dies sei bereits im iranischen Parlament beantragt worden, sagte Hamid Ghobadi, Leiter der Arbeitsgruppe Mode und Bekleidung, der Zeitung Iran Daily. Ziel sei es, durch eine „iranische Mode“ für die Kultur des Landes und dessen islamische Werte zu werben, so Ghobadi. Vorbild ist die Kollektion der iranischen Designerin Mitra Tamjidi, die sie im Mai eigens für die EU-Außenbeauftragte Catherine Ashton entworfen hatte. Die im Iran sehr beliebte Designerin sagte zu den für Ashton entworfenen Modellen, sie habe dabei ältere iranische Kleidungstraditionen mit einem modernen Design verbunden. Laut Ghobadi ist für das Projekt ein Designwettbewerb für UniversitätsstudentInnen geplant, der zunächst alle zwei Jahre und später jahreszeitlich abgehalten werden soll. Aufgrund der zahlreichen ethnischen Gruppen, die im Iran beheimatet sind, gibt es im Land eine große Vielfalt traditioneller Kleidungsstile. Während Farbenpracht und Verzierungen ein elementarer Bestandteil iranischer Trachten sind, haben sie eins gemeinsam: Es darf nicht zu viel Haut gezeigt werden.
Vielen Kinos droht Bankrott
2010 verzeichneten die Kinos landesweit 18 Millionen Besucher. 2012 waren es nur noch halb so viele, Tendenz steigend.
2010 verzeichneten die Kinos landesweit 18 Millionen Besucher. 2012 waren es nur noch halb so viele, Tendenz steigend.

247 Kinosäle zählt der Iran, doch glaubt man Mohammad Ghassed Ashrafi, dem Leiter des Verbandes iranischer Kinobesitzer, droht immer mehr Kinos die Schließung. Ihm zufolge mangelt es den Filmhäusern an Geld, um ihren Betrieb aufrechterhalten zu können. Daher habe man die Regierung gebeten, in der Kulturpolitik auch die schlechte Situation der Kinos nicht aus den Augen zu verlieren und diese mit einem höheren Budget finanziell zu unterstützen, so Ashrafi gegenüber dem Nachrichtenportal Hamshahri Online. Obwohl die iranische Filmindustrie seit 20 Jahren boomt, mussten viele Kinos schließen, weil die Gebäude marode waren oder die Technik nicht mehr funktionierte. Schuld seien hohe Miet- und Nebenkosten der Kinosäle und beträchtliche Zulassungs- – und Genehmigungsprobleme für gute Filme, sagen Kenner der iranischen Filmbranche. Auch gibt es eine indirekte Zensur: Eine große Zahl iranischer Kinos ist im Besitz des Hoze Honari, ein dem religiösen Führer Ali Chamenei unterstellten Zentrums für islamische Kunst. Produktionen, die von dem Zentrum als „unislamisch“ eingestuft werden, werden in den Filmhäusern nicht gezeigt, was dazu geführt hat, dass in den letzten Jahren immer mehr IranerInnen den Kinos fernblieben.
Baustopp bei Persepolis
Die altiranische Residenzstadt Persepolis
Die altiranische Residenzstadt Persepolis

Der Bau von Universitätsgebäuden nahe der antiken Stadt Persepolis, die zum UNESCO-Weltkulturerbe gehört, ist vom Weltkulturerbebüro der südiranischen Provinz Fars vorübergehend gestoppt worden. „Der UNESCO ist der größtmögliche Schutz von Persepolis sehr wichtig und unsere Aufgabe als Büro ist es, diesen Schutz zu garantieren“, so Masoud Rezaei, Leiter des Büros, gegenüber der Nachrichtenagentur ISNA. Die Verantwortlichen der Marvdasht-Azad-Universität hätten sich nicht an verabredete Regularien und Modalitäten gehalten. So verstoße etwa die Höhe der Minarette der universitätseigenen Moschee gegen die Richtlinien. Laut dem Weltkulturerbebüro der Provinz Fars darf das Gebäude nicht höher als acht Meter gebaut werden. Die Universität will die Höhe der Minarette reduzieren lassen, damit der Bau der Einrichtung fortgesetzt werden kann. Persepolis, von den Iranern als „Takht-e Jamshid“ (Thron des Jamshid) bezeichnet, war eine der antiken Hauptstädte des achämenidischen Großreiches und wurde 330 v. Chr. von dem griechischen Eroberer Alexander den Großen niedergebrannt. Sie gilt als wichtiges nationales Symbol des Iran. 1979 wurde sie von der UNESCO in die Liste des Weltkulturerbes aufgenommen.
Berufsverbote wegen „unwürdigen Verhaltens“ bei Brasilienreise

"Die Sittenbrecher"
„Die Sittenbrecher“

Einigen der 40 iranischen Film- und SeriendarstellerInnen, ProduzentInnen und RegisseurInnen, die die iranische Fußballnationalmannschaft zur Weltmeisterschaft nach Brasilien begleitet hatten, um eine Dokumentation über das Team zu drehen, drohen wegen des von konservativen Medien erhobenen Vorwurfs „unwürdigen Verhaltens“ berufliche Konsequenzen. Während ihres Aufenthalts in Brasilien waren in iranischen Zeitungen und Magazinen Fotos veröffentlicht worden, auf denen einige Männer der Gruppe in kurzen Hosen zu sehen waren. Konservativen im Iran gilt das als Verstoß gegen islamische Sitten. Auch wurde ein Foto publik, auf dem die Seriendarstellerin Narges Mohammadi öffentlich eine Zigarette raucht, was von traditionellen Muslimen ebenfalls als Unsitte gesehen wird. Nach ihrer Rückkehr in den Iran wurden deshalb TeilnehmerInnen der prominenten Reisegruppe, die in Talkshows eingeladen waren, von der staatlichen Rundfunkgesellschaft IRIB wieder ausgeladen. Einigen droht unbestätigten Meldungen zufolge sogar Berufsverbot. „Ich habe in der Zeitung gelesen, dass manche von uns möglicherweise einige Zeit lang ihren Job nicht mehr ausüben dürfen“, so Serienstar Mohammadi gegenüber der regierungsnahen Nachrichtenagentur IRNA. Von offizieller Seite habe sie davon jedoch noch nichts gehört. Laut dem Schauspieler und Filmregisseur Javad Hashemi, der ebenfalls in Brasilien war, drohen insgesamt sechs der ReiseteilnehmerInnen Berufsverbote. „Es ist eine Schande, dass unsere Künstler dermaßen bestraft werden, nur weil sie in Brasilien kurze Hosen getragen haben“, so Hashemi gegenüber IRNA.
JASHAR ERFANIAN