Iranische Webnutzer im Depressionsmodus

Die ständigen Störungen des Internets und eine Botschaft von Mir Hossein Moussavi gehörten in den letzten Tagen zu den heiß diskutierten Themen in der iranischen Internetgemeinde. Der Oppositionsführer hatte seinen Anhängern mitgeteilt, dass er nach wie vor auf seine Meinung bestehe.
 
Auch diese Woche berichteten zahlreiche iranische Blogger und Social Media-Nutzer über anhaltende Probleme  beim Zugang zu E-Mails und Websites. Am 20. Februar 2012 dokumentierte YouTube-Nutzer „NarimanGharib“ den Versuch eines iranischen Nutzers, sich in sein Gmail, Yahoo Mail und Hotmail Konto einzuloggen. In dem 13minütigen Clip passiert nicht viel. Der Nutzer kann offizielle iranische Websites einsehen und den Online Banking Service der Passargard Bank in Anspruch nehmen. Seine eMail-Konten bleiben aber gesperrt.  In einer Karikatur veranschaulicht die Zeitung Shargh die Frustration iranischer Nutzer beim Versuch, Ihre E-Mails abzurufen.
Rasool Jafarian, Dozent an der Howzeh Universätit in der heiligen Stadt Ghom, kritisiert den gegenwärtigen Zustand.  Seiner Meinung nach würde die gegenwärtige Lage besonders bei Studenten und Forschern zu Depressionen führen: „Wie fühlen sich diese jungen Menschen wohl, wenn sie ihre Situation mit den Industrieländern vergleichen? Sie fühlen sich notwendigerweise depressiv, wenn sie das Internet nicht nutzen können, um ihren Job zu erledigen, oder normalen Alltagsdingen nachzukommen.„

Foto: www.sharghnewspaper.ir
Foto: www.sharghnewspaper.ir

Blogger Arash Kamangir veröffentlichte einen Brief von „Shervin“, einer iranischen Internet-Aktivistin, die über ihre Erfahrungen schreibt: „Der Status des Internets ist viel schlimmer als vermutet. Einige Leute meinen, dass sich die Situation bessern würde, wenn die Mainstream Medien darüber berichten würden. Aber meiner Meinung nach wird alles nur schlimmer.“
Moussavis Nachricht im persischsprachigen Cyberspace

Reformer und Ex-Präsidentschaftskandidat Mir Hossein Moussavi und seine Frau, Zahra Rahnavard, befinden sich seit über einem Jahr unter Hausarrest. Die wenigen Möglichkeiten ihre Töchter persönlich zu besuchen, wurde in letzter Zeit auf einige wenige Telefonkontakte reduziert. In einem Telefonat mit seinen Töchtern teilte Moussavi diese Woche mit, dass sich nichts an seinen Standpunkten geändert habe: „Ich möchte, dass Ihr alle wisst, dass ich immer noch meine politischen Standpunkte vertrete.“ Desweiteren teilte er seinen Kindern mit, dass die kurzen Telefonate in Zukunft wahrscheinlich verboten werden.
Das Internetportal „Kalameh“ berichtete über Moussavis Mitteilung. Im Internet stieß die Nachricht auf viel Zustimmung. Auf der wichtigsten iranischen Internetplattform „Balatarin“ war es ein heiß diskutiertes Thema.
Social Media Nutzer lobten Moussavi für diese Nachricht. FriendFeed Nutzer „Farhad“ schreibt: „Diese Nachricht gilt jedem und für immer. Wir müssen bis zum Ende weiter machen.“ Die Facebook-Aktivistin „Mina“ spekuliert auf Musavis Facebook-Seite über „die eigentliche Bedeutung“ der Nachricht: „Die Menschen sollten selber ihren Weg gehen, und nicht auf die Rückkehr ihres Anführers warten. Das könnte nämlich noch lange dauern.“ Twitter Nutzer „Siamak“ schreibt: „Wenn Moussavi über die Ereignisse des vergangenen Jahres Bescheid wüsste, hätte er eine progressivere Nachricht geschickt.“
Grundsätzlich wurde Moussavis Nachricht positiv aufgenommen. In einem weiteren Kommentar auf Facebook heißt es: “Selbst die wenige Zeit, die er mit seinen Kindern sprechen darf, nutzte er, um diese Nachricht rauszuschicken. Wir sollten darauf hören und auf seinem Weg bleiben.“
Moussavis Tochter wurde von ihrer  Lehrstelle an der Al-Zahra Universität entlassen. Da die Universität für diese Maßnahme keine Gründe genannt hat, gehen den Reformern nahe stehende Websites davon aus, dass die Entlassung wegen der Verbreitung von Moussavis Nachrichten durch seine Töchter gewesen sei.
Quelle: Iran Media Programm
The Iran Media Program is a collaborative network designed to enhance the understanding of Iran’s media ecology. Our goal is to strengthen a global network of Iranian media scholars and practitioners (the Iran Media Scholars Network) and to contribute to Iran’s civil society and the wider policy-making community by providing a more nuanced understanding of the role of media and the flow of information in Iran. More.