Die Marschroute des Regime Change

Und was können die europäischen Außenminister am Dienstag in Brüssel Javad Zarif, ihrem iranischen Kollegen, anbieten? Wenn sie aufrichtig wären, müssten sie ihm ihre gebundenen Hände zeigen, ihm sagen, dass sie wirtschaftlich kaum etwas tun können, jedenfalls nicht so viel, dass der programmierte wirtschaftliche Niedergang des Iran verhindert wird. Der Druck aus den USA ist überdimensional. Bei anderen Themen wie dem Raketenprogramm, Syrien, Israel, Jemen werden die europäischen Außenminister ihrem iranischen Kollegen wahrscheinlich zurufen: Wir sind alle Trump! Auch wir wollen, dass der Iran sich in der Region anders benimmt und das Raketenprogramm zurückfährt.

Das ist jedenfalls europäische Position bis heute.

Die Hardliner in Teheran wissen längst, dass Zarif mit leeren Händen aus Europa zurückkehren wird. Die Zeitung Javan, das Organ der Revolutionsgarden, bezeichnete seine Reise nach Brüssel als einen Trip in die Träumerei. Ali Mohammad Djafari, der oberste Kommandant der Revolutionsgarden, sagte am Sonntag, alle, die auf Europa setzten, führten das Land in eine Sackgasse.

Lernt Russisch

Auf dem Portal des iranischen Außenministeriums prangt die Parole „Weder Westen noch Osten, die Islamische Republik“. Der Slogan stammt aus den ersten Tagen der Revolution vor vierzig Jahren, als der Westen für den Kapitalismus, der Osten für den Kommunismus stand. Doch diese Parole ist längst überholt. Den Kommunismus gibt es bekanntlich nicht mehr, den Osten von heute verkörpern Putin und der chinesische Turbokapitalismus.

Irans Staatsoberhaupt Ali Khamenei (re.) mit Russlands Präsidenten Wladimir Putin
Russlands Präsident Putin gehört zu den wenigen Staatsoberhäuptern, die Revolutionsführer  Ali Khamenei gern empfängt 

Und die Radikalen haben sich längst entschieden: für die völlige Hinwendung zum Osten. Der Erziehungsminister hat sogar angeregt, an den Schulen sollte Russisch die Hauptfremdsprache sein und nicht Egnlisch.

Auch Putin ist nur bedingt vertrauenswürdig

Doch ob Ayatollah Khamenei Putin voll vertrauen kann, ist fraglich. Die Vorgeschichte der jüngsten Angriffe Israels auf iranische Stützpunkte ist aufschlussreich. Am Dienstag vergangener Woche reiste Benjamin Netanjahu nach Moskau, nahm als einziger ausländischer Staatspräsident an den Feierlichkeiten zum Sieg der Roten Armee über Hitler teil, sprach mit dem russischen Präsidenten und sagt danach, der Iran sei nach Nazideutschland der zweite Staat, der die völlige Vernichtung aller Juden zu seinem Programm erklärt habe. Und fügte hinzu, seine Visite in Moskau würde für die nächsten Tage und Wochen entscheidend sein. Tags darauf startete die israelische Armee ihre bislang größte Militäroffensive auf iranische Einheiten in Syrien und beschoss nach Angaben des israelischen Verteidigungsministers nahezu die gesamte iranische Infrastruktur in Syrien. Russland kontrolliert Syriens Luftraum – ohne grünes Licht aus Moskau wäre ein so massiver und stundenlanger Luftangriff kaum denkbar gewesen.

© Iran Journal

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