Iran: Die Top 10 im legalen Internet

IranerInnen sind begeisterte Web-SurferInnen – trotz langsamer Internetverbindungen und der Zensur von Webseiten, die den Mächtigen in der Islamischen Republik ein Dorn im Auge sind. Hier eine Top-10 der am häufigsten besuchten Webseiten im Iran.

Der Iran ist im Nahen Osten das Land mit den meisten InternetnutzerInnen. Gut 45 Prozent seiner knapp 75 Millionen EinwohnerInnen haben Zugang zum World Wide Web. Ganz unproblematisch ist dessen Nutzung für IranerInnen allerdings nicht: 2006 wurde die islamische Republik von der JournalistInnenorganisation Reporter ohne Grenzen als eines von dreizehn Ländern weltweit als „Feind des Internets“ ausgezeichnet.
Während der Proteste nach der Präsidentschaftswahl 2009 nutzte die Opposition das Internet, vor allem Dienste wie Facebook, Twitter oder YouTube, zur Organisation von Protesten, woraufhin die Regierung das Netz teilweise sperrte und das Surfen behinderte. Etwa fünf Millionen Internetadressen sollen im Iran mittlerweile blockiert sein. Dazu gehören oppositionelle und regimekritische Webseiten, ebenso Seiten mit pornographischen Inhalten und solche, die Filme und Karikaturen anbieten, die den Islam beleidigen könnten. Aber auch Nachrichtenportale sowie sämtliche sozialen Netzwerke sind gesperrt.
Um die Internetsperren zu umgehen, nutzen viele UserInnen Proxyserver und illegale Antifilterprogramme. Welche Webseiten aber besuchen diejenigen IranerInnen, die dazu nicht die Möglichkeiten haben?
TFI hat eine Liste der zehn Webseiten erstellt, die im Iran auf legalem Weg am häufigsten aufgerufen werden. Dabei berufen wir uns auf die Statistik von Alexa, einem Webdienst, der Daten über Seitenabrufe von Internetseiten sammelt und darstellt.
Platz 10: Digikala.com
Online-Handel gewinnt im Iran immer mehr an Bedeutung. Allein in den ersten zwei Monaten des iranischen Kalenderjahres 1393 (2014) wurden laut der iranischen Post 1,2 Millionen Waren über das Internet verkauft – eine Steigerung um 122 Prozent gegenüber dem gleichen Zeitraum im Vorjahr. Onlineversandhändler wie Amazon oder Ebay mögen dabei zwar auf globaler Ebene den Ton angeben. Doch in den Iran liefern diese Unternehmen nicht. Marktführer ist dort das Unternehmen Digikala. Auf seiner Webseite können IranerInnen vor allem elektronische Produkte kaufen. Das 2007 gegründete Unternehmen hat der Zeitschrift The Economist zufolge einen Wert von 150 Millionen US-Dollar.
Platz 9: Onclickads.net

Foto: majzoobaUm die Zensur und Internetsperren zu umgehen, nutzen viele User Proxyserver und illegale Antifilterprogramme. Foto: majzooban.org
Um die Zensur und Internetsperren zu umgehen, nutzen viele User Proxyserver und illegale Antifilterprogramme. Foto: majzooban.org

Streng genommen ist Onclickads gar keine Webseite und wird wohl von den meisten WebuserInnen im Iran oder anderswo auf der Welt nicht bewusst besucht. Onclickads ist ein Browser-Hijacker, eine sogenannte Malware, die entworfen wurde, um Browser nach einer Infektion automatisch auf ihre Webseite weiterzuleiten und so weitere schädliche Spy- und Malware auf die infizierten PCs zu installieren. Acht Prozent aller Aufrufe der Seite stammten im Jahr 2014 aus dem Iran. Nur aus Indien wurde Onclickads noch häufiger „angeklickt“.

Platz 8: Mihanblog.com
Auch was das Bloggen angeht, ist der Iran im Nahen Osten einsame Spitze: Hunderttausende IranerInnen betreiben Weblogs. Lange Zeit galten diese als eines der für IranerInnen wichtigsten Medien, da sich in ihnen noch Kritik gegen das bei vielen verhasste Regime äußern ließ. Viele prominente BloggerInnen wurden jedoch im Laufe der vergangenen Jahre verhaftet – besonders nach den politischen Unruhen von 2009. Zahlreiche IranerInnen, die jahrelang einen Blog geführt hatten, sind daher auf Twitter und Facebook ausgewichen. Doch immer noch sind Weblogs unter IranerInnen äußerst populär. Der Webloganbieter Mihanblog gehört in der Islamischen Republik zu den beliebtesten.
Platz 7: Wikipedia.org
Auch im Iran wird die Online-Enzyklopädie Wikipedia als Informationsquelle hoch geschätzt. Allerdings können IranerInnen nicht jeden Wikipedia-Beitrag lesen, da die Zensoren des Regimes die Inhalte der Seite mit Argusaugen beobachten und unliebsame Beiträge wie solche, die Sexualität oder Menschenrechte zum Thema haben, für die eigene Bevölkerung unzugänglich machen. Unter den Ländern, aus denen Wikipedia am häufigsten aufgerufen wird, rangiert der Iran auf Platz 16.
Platz 6: Ask.com
Das Webportal Ask.com war ursprünglich eine Suchmaschine. Inzwischen generiert sie aber nur noch Antworten aus einem festen Frage-Antwort-Reservoir. Im Iran ist Ask.com die am sechsthäufigsten besuchte Seite. Das 1996 gegründete Unternehmen hat nach eigenen Angaben weltweit 100 Millionen NutzerInnen. Ein beträchtlicher Anteil davon lebt im Iran: Knapp fünf Prozent der weltweiten Aufrufe der Seite erfolgten von dort. Nur aus den USA und Indien wurde Ask.com noch häufiger besucht. 

Platz 5: Aparat.com
Aparat (zu Deutsch: Filmprojektor) ist ein iranisches Videoportal, das nach dem gleichen Prinzip wie die im Iran gesperrten Seiten YouTube oder Vimeo funktioniert, seinen UserInnen aber auch den Download der angebotenen Videos ermöglicht. Laut Mohammad Javad Shakouri-Moghadam, dem Gründer des Portals, sind seit dessen Gründung vor einigen Jahren über eine Million Videos mit einer Gesamtlänge von sechs Millionen Minuten hochgeladen worden. Der Zeitschrift The Economist zufolge hat Aparat einen geschätzten Wert von 30 Millionen US-Dollar. Damit ist das Online-Unternehmen nach Digikala das zweitwertvollste im Iran. 

Platz 4: Varzesh3.com
Was das Bloggen angeht, ist der Iran im Nahen Osten einsame Spitze
Was das Bloggen angeht, ist der Iran im Nahen Osten einsame Spitze

An vierter Stelle der Liste der im Iran meistbesuchten Webseiten steht das Sportportal Varzesh3 (zu Deutsch: Sport3). Der Iran ist ein sportverrücktes Land – und auch dort regiert zuallererst König Fußball. Dementsprechend legt die Internetseite ihren Fokus vollständig auf Nachrichten und Berichte rund um die heimischen und ausländischen Fußballligen, obwohl ihr Name vermuten lässt, dass auch andere Sportarten ihren Platz haben.
Platz 3: Yahoo.com
Das 1994 gegründete Internetunternehmen Yahoo gilt als einer der Pioniere des Internets. Mit über 700 Millionen NutzerInnen zählt Yahoo zu den erfolgreichsten und größten Webportalen der Welt und wird auch im Iran häufig besucht. Neben der Suchmaschinenfunktion war auch der Yahoo Messenger als Kommunikationsmittel bei jungen IranerInnen lange Zeit sehr beliebt. Doch das im Iran meistgenutzte Angebot des Onlineunternehmens ist dessen Email-Funktion. 63 Prozent der im Iran lebenden InternetnutzerInnen verwenden Yahoo Mail als primäre Email-Adresse. 

Platz 2: BlogFa.com
Wie beliebt das Bloggen trotz Facebook, Twitter und Co. im Iran noch immer ist, sieht man daran, dass der Bloganbieter BlogFa die im Iran am zweithäufigsten aufgerufene Seite ist. Damit sind in der Top-10-Liste der im Iran meistbesuchten Seiten gleich zwei Bloganbieter zu finden. Die kostenlose Bloggingplattform BlogFa ist die iranische Antwort auf Seiten wie Blogger oder WordPress. Dort können interessierte SurferInnen Weblogs zu den verschiedensten Themen finden.
Platz 1: Google.com
Wie fast überall auf der Welt ist auch im Iran die Homepage des Internetgiganten Google die meistbesuchte Seite. 2012 waren die IranerInnen allerdings sehr verärgert über Google: Damals hatte der amerikanische Internetsuchdienst auf Google Maps die Bezeichnung „Persischer Golf“ für das Meer zwischen dem Iran und der arabischen Halbinsel gelöscht und das Gewässer als „namenlos“ registriert. Es wurden Boykottaufrufe laut und Klagedrohungen gegen das Unternehmen erhoben. Trotz aller Schwierigkeiten, die die Machthaber des Iran mit dem Web-Riesen heute noch haben, wird Google täglich von Millionen IranerInnen besucht.
  JASHAR ERFANIAN und NAHID FALLAHI