Iran verbietet kontroverse Filme – die Internetgemeinde reagiert

Vergangene Woche haben das Verbot von zwei iranischen Kinofilmen und die Neuauflage einer Kinderserie für Aufregung in der iranischen Internetgemeinde gesorgt.

Der Film „Gashte Ershad“ („Moral-Polizei“) ist eine satirische Darstellung der iranischen Polizei. Der zweite Film „Zendegi Khosussi“ („Das private Leben“) wurde verboten, weil er gegen die Gesetze der Islamischen Republik Iran verstoße, etwa durch die Darstellung eines Mannes und einer Frau, die sich in einem  Schlafzimmer aufhalten.
Im Netzwerk Twitter gab es die höchste Anzahl von Reaktionen auf die Entscheidung der iranischen Behörden, diese zwei Filme zu verbieten. Dabei waren Zustimmung und Kritik gleichmäßig vertreten.
Twitter-Nutzerin ,Pooya‘ kritisierte das Verbot: „’Gashte Ershad’ wurde erst zensiert, dann wurde die Werbung für den Film im Staatsfernsehen verboten, und schließlich haben sie den Film ganz verboten.“ ,Pooh‘ glaubt, dass einige einflussreiche Leute die Ausstrahlung von „Gashte Ershad“ unterstützt haben müssen, da der Film in einem ehemals  geschlossenen Kino gezeigt wurde. ,Nima Torabi‘ meint: „’Gashte Ershad’ war brillant. Jeder sollte den Film sehen.“

Szenenfoto: Zendegi Khossoussi - Foto: www.tamashachi.ir
Szenenfoto: Zendegi Khossoussi - Foto: www.tamashachi.ir

,Ehsan’ twittert:  “Ich glaube, dass ich das letzte Mal vor 10 Jahren im Kino war. Ich überlege aber, ob ich mir ‚Gashte Ershad’ nicht mal angucken sollte.“ ‚Marmolak Ravani‘ antwortet: „Der Film ist nichts Bedeutendes, nur Propaganda… Kauf’ später einfach die DVD.“ Farshid aber meint: „Diese hitzige Debatte über das Ausstrahlungsverbot von ,Gashte Ershad‘ und ,Zendegi Khosussi‘ ist genau der Grund dafür, warum ich mir die Filme angeguckt habe.“
,Abbas Reader‘ befürchtet, dass das Verbot ein schlechtes Licht auf den Iran werfe. „OK! Gashte Ershad und Zendegi Khosussi wurden verboten! Aber wir sind kein Entwicklungsland.“ Maryam schreibt: „Heute Abend waren wir in , Zendegi Khosussi‘. Es war gut und schlecht zugleich.“
Neuauflage eines Puppenspiels
Die Neuauflage eines Puppenspiels im Stil der Sesamstrasse brachte dem staatseigenen Sender Kanal 2 hohe Einschaltquoten. „Kolah-Ghermezi“ („Rotkäppchenträger“), eine beliebte Kinderserie aus den Neunzigerjahren, wurde für die Feiertage des Neujahrfests ,Nourouz‘ zum dritten Mal neu produziert. Es handelt sich um die Mitglieder einer Familie, die aus der Provinz nach Teheran gekommen sind und immer neue, in der Regel banale Geschichten erzählen.
http://youtu.be/FvQ-2GMdOQo
Die Kinoversion der Serie zählt zu den erfolgreichsten und profitabelsten Filmen Irans. Knapp 10 Jahre nach der Absetzung der Serie wurde 2009 erstmalig zum Nourouz eine Neuauflage produziert – mit großem Erfolg. Zwar gab es 2010 keine Ausstrahlung, doch auf Grund der enormen Nachfrage wurden für die Nourouztage 2011 und 2012 Neuproduktionen angekündigt.
Iraj Tahmasb und Hamid Jebeli, verantwortlich für Drehbuch und Regie, haben in den vergangenen 30 Jahren zahlreiche populäre Kindersendungen produziert. Auch in der iranischen Diaspora verfolgen viele Iraner die Sendungen regelmäßig über You Tube, GlWiz oder laden die Folgen über File-Sharing-Seiten herunter. Wenige Minuten nach der Ausstrahlung auf Kanal 2 werden die Episoden zum Download bereitgestellt. Dabei wird jede Episode von „Kolah-Ghermezi 91“ (die Neuauflage) binnen 10 Tagen nach der Erstausstrahlung etwa 20.000 Mal auf You Tube angeschaut.
FriendFeed Nutzer ‚Faranak’ schreibt: “Unser Fernsehgerät wird pünktlich zu ,Kolah-Ghermezi’ eingeschaltet und unmittelbar danach wieder ausgeschaltet. Darauf beschränkt sich die Funktion unseres Fernsehgeräts.“
Iranische Facebook-Nutzer teilen die Videos untereinander und verewigen nach jeder Sendung die besten Zitate auf ihrer Seite.
Die Facebook-Fanseite von „Kolah-Ghermezi“ verzeichnet seit dem 20. März einen enormen Anstieg von Mitgliedern – das war der Tag der ersten Episode. Die Seite hat mittlerweile mehr als 345.000 „likes“. Auch auf Twitter gibt es zahlreiche Diskussionen über „Kolah-Ghermezi“. Twitter-Nutzer ‚21 Aban’ scherzt: „Die Berichterstattung über die ,Kolah-Ghermezi‘-Episoden auf Twitter ist detaillierter als die Meldungen über das Teheraner Derby.“
Obwohl sich das Programm hauptsächlich an Kinder richtet, sind die treuesten Zuschauer diejenigen, die in den neunziger Jahren mit der Sendung aufgewachsen sind. Die Kommentare dieser Zuschauergruppe sind von einer überwältigenden Nostalgie geprägt. FriendFeed-Nutzer ,Vishtasb‘ fragt: „Wir sind eine Gruppe von Jungs und Mädels in den Zwanzigern und Dreißigern, die jeden Abend ,Kolah-Ghermezi‘ schauen. Denkt ihr, wir haben ein Problem?“ ,DonReza‘ fragt: „Gucken die Kinder von heute diese Sendung überhaupt noch, oder sind es nur die Giganten vergangener Tage, die einschalten?“ ,Baback‘ antwortet: „Ich habe meiner achtjährigen Cousine gesagt, dass sie sich die Sendung anschauen soll. Sie meinte, sie schaue lieber ‚Tim und Struppi’. Also hast du recht – nur die Kinder von damals schauen noch die Sendung.“ Twitter-Nutzer ,Alooche‘ schreibt: „Meine einzige Motivation ist die Tatsache, dass jeden Abend um 8 Uhr ,Kolah-Ghermezi‘ beginnt. Wenn es zu Ende ist, geht die Motivation in den Keller.“ ,NeGar‘ twittert: „Die Sendung ist nach 20 Jahren noch großartig. Es wiederholt sich nichts, und sie wird nicht langweilig.“ ,Sallar‘ schreibt, dass die Macher der Sendung größere Aufmerksamkeit verdient hätten. „Ich bin immer noch der Meinung, dass Iraj Tahmasb und Hamid Jebeli einen Oscar gewinnen sollten.“
Quelle: Iran Media Programm
Aus dem Englischen: Resa Mohabbat-Kar
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