Internet-Blackouts im Iran

In den vergangenen Tagen waren die Sperrung vieler ausländischer Websites durch iranische Behörden und das „Online-Verhör“ eines BBC-Journalisten via Skype durch den iranischen Geheimdienst heiß diskutierte Themen in der iranischen Internetgemeinde.
Am 7. Februar berichtete eine Reihe von iranischen Internet-Nutzern, dass alle nicht-iranischen Websites zensiert wurden. Twitter-Nutzer „Omiddd“ etwa schrieb: „ Alle Websites mit Servern außerhalb des Irans sind blockiert. Vielleicht prüfen sie gerade das Nationale Internet.“ „Amin Sabeti“ twitterte: „Seit einer halben Stunde sind alle Websites im Iran blockiert – von der Seite des Führers [Ayatollah Khamenei, die Red.] bis zu den IT-Blogs!“
„Jenabali“ scherzte: „Ich habe gehört, dass Amoo Filterbaf [Onkel Filterweber – Spitzname des iranischen Internet-Zensurrats, die Red.] das gesamte Internet für ein paar Minuten blockiert hat, nur um die Besucherzahlen auf ’Peyvandha’ zu erhöhen, damit die endlich mit Facebook und Twitter mithalten können.“ Seit 2010 werden iranische Surfer auf die Website „Peyvandha“ umgeleitet,  wenn sie versuchen, auf zensierte Seiten zuzugreifen. Auf Peyvandha erwartet die Nutzer eine Reihe von empfohlenen und offiziellen Links zu Websites, die ihre Server im Iran haben.
Politischen Beobachtern zufolge verstärkt die iranische Regierung die Internetzensur als Reaktion auf die Bemühungen der Reformer, die Bevölkerung zum ersten Jahrestag des Hausarrests der Oppositionsführer Mir Hossein Mousavi und Mehdi Karroubi zu mobilisieren. Die beiden Integrationsfiguren der so genannten Grünen Bewegung waren bei den Präsidentschaftswahlen von 2009 die Herausforderer des amtierenden Präsidenten Mahmoud Ahmadinedschad. Sie stehen unter Hausarrest, seit sie im Februar 2011 zu einer Solidaritätsdemonstration mit dem arabischen Frühling aufgerufen hatten.

Twitter-Nutzer Jenabali: "Amoo Filterbaf das gesamte Internet für ein paar Minuten blockiert hat, nur um die Besucherzahlen auf ’Peyvandha’ zu erhöhen, damit die endlich mit Facebook und Twitter mithalten können."
Screenshot: Twitter-Seite von "Jenabali"

Auch die FriendFeed-Nutzer „Mhmazidi“ und „Massfly“ berichteten, dass außer Googles Übersetzungsdienst „Translate“ alle anderen Dienste blockiert seien. „DarkLordHippo“ twittert: „Sie [die iranischen Behörden, die Red.] werden Google Translate nicht blockieren, weil sie noch die Slogans für den 22.  Bahman [Jahrestag der islamischen Revolution, die Red.] übersetzen  müssen.“ „MamalZZ“ widerspricht diesen Berichten: „Bei mir sind alle Google-Dienste vorhanden und ich bin im Moment bei einer Übersetzung.“
„Vahid9Online“ (5019 Follower) twittert: „Viele Nutzer im Iran klagen
über die Qualität der Google-Dienste. E-Mails lassen sich nicht öffnen und zeigen unterschiedliche Fehlermeldungen“.
Online-Verhör eines BBC-Journalisten
Vergangene Woche wurden im Iran lebende Verwandte von Mitarbeitern der in London ansässigen persischen Redaktion der BBC von iranischen Geheimdienstmitarbeitern festgenommen und bedroht. Eine Mitarbeiterin der Redaktion aus London wurde online verhört, nachdem ein Familienmitglied im Iran inhaftiert wurde.  Die festgenommene Familienangehörige wurde von Geheimdienstmitarbeitern gezwungen, über Skype mit der in London arbeitenden Journalistin Kontakt aufzunehmen. Nach der erfolgreichen Kontaktaufnahme wurde die Journalistin einem Verhör unterzogen.
„Iran Green Voice“ meldete diesen Vorfall als erste Nachrichten-Website.  Der Leiter der BBC Persian Redaktion, Sadegh Saba, bestätigte die Meldung kurz danach in einem Interview mit der Farsi-Redaktion der Deutschen Welle. In der iranischen Online-Sphäre löste diese öffentliche Bestätigung Panik aus. Einige, die zunächst bloß von einem Gerücht ausgegangen waren, zeigten sich besorgt. Die Angelegenheit wurde ein heiß diskutiertes Thema  auf der größten persischsprachigen Plattform Balatarin.  Mitglieder sozialer Netzwerke und Blogger zeigten sich besorgt über die Sicherheit der im Ausland lebenden iranischen Journalisten. Anstatt einer mündlichen Verurteilung fordern sie Taten der internationalen Gemeinschaft gegen diese Praxis des islamischen Regimes.
In einem Kommentar auf der Facebook-Seite von BBC Persian schreibt Nadja: „Sadegh Saba weiß nur, wie man ‚verurteilt’. Er unternimmt aber nichts dagegen. Als der Iran Satellitensignale blockierte, verurteilte die BBC lediglich, und sogar jetzt, wo Familienangehörige von Mitarbeitern bedroht werden, verurteilt die BBC nur.“
Nachdem die Meldung die Runde gemacht hatte, berichteten mehrere iranische Nachrichtenagenturen, unter anderem „Mehr News“, dass zahlreiche im Iran lebende Journalisten unter dem Vorwurf der Zusammenarbeit mit der BBC verhaftet wurden.  Als Reaktion auf diese Berichte meldete BBC Persian, dass sie keine Journalisten oder Reporter im Iran habe. Backy schreibt: „Ach komm, BBC, hört auf zu lügen. Wenn ihr keine Journalisten im Iran habt, wo kriegt ihr dann eure Nachrichten her?“
Ein Cartoon von Nikahang Kowsar verbildlicht den Alptraum der im Iran lebenden Journalisten, denen vorgeworfen wurde, mit der BBC zusammenzuarbeiten.
Quelle: Iran Media Programm
About Iran Media Programm:
The Iran Media Program is a collaborative network designed to enhance the understanding of Iran’s media ecology. Our goal is to strengthen a global network of Iranian media scholars and practitioners (the Iran Media Scholars Network) and to contribute to Iran’s civil society and the wider policy-making community by providing a more nuanced understanding of the role of media and the flow of information in Iran.