Iranische Filmemacher auf der Berlinale

Anders als im vergangenen Jahr sind Filme von iranischen Regisseuren in fast allen Sektionen der Berlinale vertreten. Im Wettbewerb läuft „Es gibt kein Böses“ von Mohammad Rasoulof.

Unter der Leitung von Dieter Kosslik hatte die Berlinale unter Iraner*innen den Ruf „iranfreundlicher“ Filmfestspiele.  Für Regisseure wie Jafar Panahi und Asghar Farhadi war das Filmfest das Sprungbrett auf die internationale Bühne, so die Meinung von Expert*innen.

Seit 1974 waren Filme aus dem Iran oder von iranischen Filmemachern im Ausland auf dem international bedeutenden Festival zu sehen. Der renommierte Regisseur und Drehbuchautor Sohrab Shahid-Sales erhielt 1974 für seinen Kinofilm „Tabiat bi jan“ (Das Stillleben) einen Silbernen Bären für die beste Regie.

Sechs Filme und ein Jury-Mitglied

Im diesjährigen Berlinale-Programm trifft man gleich mehrmals auf Iraner*innen: Die Regisseure von sechs Kurz- und Langspielfilmen stammen aus dem Iran.

Der Spielfilm Sheytan vojud nadarad“ (Es gibt kein Böses) konkurriert im Wettbewerb mit 17 Filmen um die Bären. Das Drehbuch für den 150 Minuten langen iranisch-tschechischen Film schrieb Regisseur Mohammad Rasoulof selbst. Laut Programmheft verhandelt „Sheytan vojud nadarad“ in vier Variationen die Themen moralische Kraft und Todesstrafe und stellt die Frage, wie sich individuelle Freiheit angesichts eines despotischen Regimes und scheinbar unentrinnbarer Bedrohungen behaupten kann. Regisseur Rasoulof kann vermutlich nicht nach Berlin reisen, da er bei den iranischen Machthabern in Ungnade gefallen und mit einem Ausreiseverbot belegt worden ist.

Szenenfoto - Kinospielfilm "Yalda"
Szenenfoto – Kinospielfilm „Yalda“

 

In der Sektion Generation werden zwei Kurzfilme und ein Spielfilm aus dem Iran gezeigt. Der 14-minütige Film Badbadak-ha“ (Die Papierdrachen) von Payam Hosseini erzählt von einem Mädchen und drei Jungen im Teenageralter, die in Kurdistan an der iranisch-irakischen Grenze leben. Einer der Jungen verliebt sich in ein Mädchen, das jenseits der Grenze lebt. Er versucht, mithilfe von Papierdrachen mit ihr in Kontakt zu treten.

Der Kurzfilm White Winged Horse“ von Mahyar Mandegar handelt von einem Mann, der vor vielen Jahren aus seiner vom Krieg bedrohten Heimatstadt geflohen ist und als Erwachsener zurückkehrt, um das Herz seiner Jugendliebe zu gewinnen. Doch in der Stadt herrscht Amnesie.

Der Langspielfilm Yalda“ des iranischen Regisseurs Massoud Bakhshi, ein Gemeinschaftsprodukt von Deutschland, Frankreich, Libanon, Luxemburg und der Schweiz, ist ein Kammerspiel. In einer Reality-TV-Show zum iranischen Yalda-Fest der Wintersonnwende sitzt die zum Tode verurteilte Maryam und  Mona, die für Maryam stets wie eine große Schwester war. Maryam lebte mit Monas Vater in einer Ehe auf Zeit. Angeblich hat sie ihn ermordet. Vor laufender Kamera und Millionen von Zuschauer*innen soll Maryam um Vergebung und ihr Leben flehen. „Auf eine reale, populäre iranische Sendung anspielend, wird das Fernsehstudio zur Bühne für ein Kammerspiel, das auch die sozialen Dimensionen hinter dem persönlichen Drama in den Fokus nimmt“, schreibt die Berlinale.

Szenenfoto - Der Spielfilm "Pari"
Szenenfoto – Der Spielfilm „Pari“

 

Forum

„Namo“ (The Alien) ist der erste lange Spielfilm des im Iran lebenden Regisseurs Nader Saievar. Der 93-minütige Film, der in der Sektion Forum läuft, erzählt vom Leben eines Lehrers, der in eine Stadt im kurdischsprachigen Teil des Irans versetzt wurde. Zusammen mit seiner Familie versucht er, in der neuen Umgebung Fuß zu fassen. Doch die soziale Kontrolle macht ihm das Leben umso schwerer, je mehr er sich weigert, mit dem in fast allen Situationen erwünschten Opportunismus zu agieren.

Panorama

In der Panorama-Sektion wird der Film Pari“ von dem iranisch-griechischen Regisseur Siamak Etemadi gezeigt. Das Spielfilmdebüt ist auch eine Co-Produktion – von Bulgarien, Frankreich, Griechenland und Holland. Über den 101-minütigen Streifen schreibt die Berlinale: „Etemadis erster Langfilm erzählt in einem konzentrierten Stadt- und Menschenporträt von unterschiedlichen Kulturen, von Emanzipation, vom Erwachen eines politischen Bewusstseins und davon, dass es nie zu spät ist, den Mut in sich selbst zu finden.“

Und auch unter den Jury-Mitgliedern der Berlinale sieht man einen iranischen Namen: Abbas Amini, Mitglied der internationalen Jury von Generation 14plus. Amini war zuletzt 2016 als Regisseur des Kinofilms „Valderama“ auf den roten Teppich der Berlinale getreten.♦

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