Iranischer Diplomat in Brasilien wegen sexueller Belästigung angezeigt

Eine Nachricht aus Brasilien sorgte bei iranischen Internetusern für heftige Diskussionen: Hekmatollah Ghorbani, ein Mitarbeiter der iranischen Botschaft in Brasilien, soll in einem privaten Schwimmbad in der Hauptstadt Brasilia ein minderjähriges Mädchen sexuell belästigt haben. Mehr zu dem Fall und die Reaktionen aus der virtuellen Welt.Vergangene Woche berichteten brasilianische Nachrichtenagenturen, ein Mädchen in einem privaten Schwimmbad habe seinen Eltern gesagt, unter Wasser von dem iranischen Diplomat unsittlich berührt worden zu sein. Der verdächtige Hekmatollah Ghorbani wurde daraufhin noch im Schwimmbad von der Polizei festgenommen und mehrere Stunden befragt. Die Ermittlungen gegen den 50-jährigen Diplomat dauern an. Während die iranische Botschaft in Brasilien den Vorfall in einer öffentlichen Erklärung am Freitag, den 20.April, als „kulturelles Missverständnis“ bezeichnete, bestellte das Teheraner Außenministerium seinen Mitarbeiter bereits zurück.

Der iranische Diplomat Heshmatollah Ghorbani bei seiner Ankunft aus Brasilien in Teheraner Imam Khomeini Flughafen. Foto: farsnews.com
Der iranische Diplomat Heshmatollah Ghorbani bei seiner Ankunft aus Brasilien in Teheraner Imam Khomeini Flughafen. Foto: farsnews.com

Die Reaktion der iranischen Botschaft sorgte für heftige Reaktionen in den sozialen Netzwerken des Internets, vor allem auf Twitter. Unter dem Hashtag  „#diplomat“ tauschten sich iranische User über den Vorfall aus und machten sich hauptsächlich über die Stellungnahme der Botschaft lustig.
Der User ,DonReza‘ bezieht sich in seinem Tweet auf den Begriff der „kulturellen Missverständnisse“:  „Vor langer Zeit behauptete jemand [Präsident Ahmadinejad, die Red.], Iran und Brasilien seien kulturell sehr ähnlich. Nun meinen die [die iranische Botschaft in Brasilia, die Red.], es gäbe „kulturelle Missverständnisse“. Wem sollen wir glauben?“
,Ablomof‘ bezichtigt den iranischen Diplomaten der Pädophilie und denkt sich folgende sarkastische Geschichte dazu aus: „Beim Verhör des Diplomaten durch die brasilianische Polizei wurden kulturelle Gegenstände wie ein Teddybär,
herzförmige Schokolade und einige Barbiepuppen sichergestellt.“

Bericht eines brasilianischen Fernsehsenders.
,Dariush Damavandi‘ stellt die Verbindung zwischen Googles „Doodle des Tages“ vom 24. April 2012, einem Reißverschluss, und dem iranischen Diplomaten her: „Google bestreitet jegliche Verbindungen zwischen dem Reißverschluss und dem iranischen Diplomaten!“
Andere User wie ,Taghi‘, ,Unico‘ und ,Mahdi Azari‘ verarbeiteten eigens erfundene Verkehrsschilder mit der Geschichte des Diplomaten: ,Taghi‘ schreibt: „Diplomat auf der Straße. Vorsichtig fahren!“. ,Unico‘ schreibt: „Vorsicht vor dem Diplomaten. Unterwäsche tragen!“
Der konservative Blog ,Kheyzaran’ behauptet hingegen, dass die Nachricht lediglich ,Propaganda’sei. Sie solle die Atomverhandlungen zwischen dem Iran und den P5+1 beeinflussen. „Irgendein Land hat vermutlich versucht, die Atomverhandlungen
zwischen dem Iran und dem Westen durch diese Propaganda zu beeinflussen, und deswegen das Treffen am Swimmingpool in Brasilien eingefädelt.“
Fluchen Iraner zu viel im Internet?
Cartoon by: Vahid Nikgoo
Cartoon by: Vahid Nikgoo

Einem Bericht der persischsprachigen Redaktion der Deutschen Welle zufolge sollen Iraner in den Mikro-Blogging- und Kurznachrichtendiensten zu viel fluchen. In dem Bericht wird der iranische Soziologe Hossein Ghazian zitiert. Seiner Meinung nach sei es die Anonymität der Kurznachrichtendienste, die, anders als bei Facebook, die Nutzer dazu verleite, ihren Emotionen freien Lauf zu lassen. Ghazian behauptet weiter, dass die Ursachen für ein solches Verhalten in den politischen und sozialen Ungleichheiten und den fehlenden Möglichkeiten der freien Meinungsäußerung im Iran lägen. Die Sprache sei zudem oft frauenfeindlich. Erstaunlicherweise, so Ghazian, würden Frauen genauso häufig auf diese Sprache zurückgreifen wie Männer.
,Erfan‘ ist anderer Meinung: „Herr Ghazian, Twitter ist ein Kurznachrichtendienst. Es bedarf nun mal unkonventioneller Mittel, um Follower zu generieren. Das hat wirklich nichts mit Frauenfeindlichkeit zu tun.“ ‚Mahdik’ ist ein Verfechter von Kraftausdrücken: „Ich habe nicht den ganzen Artikel von Ghazian gelesen. Ich benutze selber Twitter, und davor ,Goder‘ [Google Reader, die Red.], um zu fluchen und die Flüche anderer zu lesen.“
,Fragile silence‘ lenkt die Aufmerksamkeit auf einen Cartoon von Vahid Nikgoo, der darin den Gebrauch von Kraftausdrücken kritisiert: „Diese ganze Aufregung über Ghazian, und niemanden kümmert Vahid Nikgoos Cartoon.“
Quelle: Iran Media Programm
Aus dem Englischen: Resa Mohabbat-Kar
The Iran Media Program is a collaborative network designed to enhance the understanding of Iran’s media ecology. Our goal is to strengthen a global network of Iranian media scholars and practitioners (the Iran Media Scholars Network) and to contribute to Iran’s civil society and the wider policy-making community by providing a more nuanced understanding of the role of media and the flow of information in Iran. More.