Der iranische Sport und Präsident Rouhani

Ringen und Gewichtheben stellen seit jeher die traditionellen Sportarten im Iran dar und bieten stets die wesentlichen Medaillenhoffnungen des Landes bei Weltmeisterschaften und Olympischen Spielen. Während die Gewichtheber mit zwei Goldmedaillen in Rio zu den erfolgreichsten iranischen AthletenInnen zählten, konnten die Ringer die hohen Erwartungen nicht erfüllen. Sie kamen nicht einmal ansatzweise an die vier Jahre zuvor in London erzielten großen Erfolge heran.

Der seinerzeit verantwortliche und inzwischen seines Amtes enthobene Sportminister Mahmoud Goudarzi wies dabei jegliche Mitverantwortung der nationalen Sportpolitik an dieser Misere von sich. Der stets aneckende Politiker zog sich nicht nur damit den Unmut der Sportfans zu. Zum großen Politikum wurden Goudarzis Bemühungen, an der Spitze des autarken und laut FIFA-Statuten basisdemokratisch gewählten nationalen Fußballverbandes an Einfluss zu gewinnen, indem er – dem Anschein nach – als Strippenzieher bei der Besetzung des Generalsekretärpostens dieses Verbandes mitwirkte. Zudem provozierte der Ex-Sportminister die Fans durch seine öffentliche Kritik am beliebten Fußball-Nationaltrainer Carlos Queiroz. Auch bei dieser Konfrontation zog das ehemalige Kabinettsmitglied der Regierungstruppe von Rouhani letztlich den Kürzeren und schwenkte auf einen Konsenskurs mit dem portugiesischen Fußballtrainer um, indem er dessen Erfolge mit der iranischen Nationalmannschaft nun plakativ hervorhob.

Lichtblicke: Fußball und Volleyball

Die Bedeutung von Kontinuität im iranischen Nationalsport ist vor allem bei der Fußball-Nationalmannschaft festzustellen: Seit dem Amtsantritt von Carlos Queiroz als Chef-Trainer des „Team Melli“ 2011 erlebt die Nationalmannschaft eine stetige positive Entwicklung. Der ehemalige Trainer von Real Madrid und Manchester United leistet seit Beginn seiner Arbeit im Iran nachhaltige Aufbauarbeit für die Nationalmannschaft – mit Erfolg. Nach der Qualifikation für die WM 2014 stehen Irans Nationalfußballer nun unmittelbar vor der erneuten Teilnahme an der WM-Endrunde 2018 in Russland. Queiroz ist der erste Fußball-Nationaltrainer im Iran nach der islamischen Revolution, der mehr als sechs Jahre in seinem Amt geblieben ist.

Die iranische Volleyballmannschaft der Männer ist nach dem Sieg über das südkoreanische Team zum zweiten Mal in Folge Asienmeister geworden. Das Finale fand am Sonntag, den 6. Oktober, in der Hamdan-Halle in Dubai vor etwa 3.000 Zuschauern statt. Die Mannschaft aus China wurde dritte, das japanische Team mussten sich mit dem vierten Platz begnügen.
Die iranische Volleyballmannschaft der Männer ist amtierender Asienmeister

Eine weitere Rarität in Sachen kontinuierlicher Arbeit im iranischen Nationalsport ist der Volleyball. Unter der langjährigen Präsidentschaft von Mohammadreza Davarzani beim iranischen Volleyball-Nationalverband entwickelte sich die Nationalmannschaft zu den weltweiten Top-Teams. Der mehrfache Titelgewinn bei den Asienmeisterschaften, das Erreichen des 6. Platzes in der Weltliga 2015 sowie die Qualifikation für das Olympische Turnier 2016 bis hin ins dortige Viertelfinale machte diese Sportart zu den Highlights des iranischen Sports der vergangenen Jahren. Der erfolgreiche Verbandspräsident Davarzani wurde jüngst zum Staatssekretär für Hochleistungssport im iranischen Sportministerium befördert.

Sport als Instrument

Die große gesellschaftliche Bedeutung des Sports ist Präsident Rouhani stets bewusst gewesen. Der iranische Präsident lässt sich gern medienwirksam beim Zuschauen der Spiele der Nationalmannschaft am Fernseher fotografieren. Er schaltete sich auch ein, als in den sozialen Netzwerken eine Petition für den Verbleib des abwanderungswilligen Fußball-Nationaltrainers Queiroz hohe Wellen schlug und der Präsident um Unterstützung gebeten wurde. Mit Erfolg. Der populäre Queiroz ist nach wie vor im Amt und genießt neben der Rückendeckung von Fans und Verband auch die der Regierungsspitze.

In der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland war der Erfolg der Fußball-Nationalmannschaft häufig positiv verbunden mit der Bestätigung der jeweils amtierenden Bundesregierung bei Bundestagswahlen – eine Parallele, die auch dem amtierenden iranischen Präsidenten Rouhani nun bei seiner gegebenenfalls bevorstehenden Wiederwahl zuteil werden könnte.

 FARID ASHARAFIAN

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