Gemeinsam für mehr Menschenwürde

AD: Wir haben mit dem Chef der zuständigen Behzisti-Abteilung ein Memorandum aufgesetzt, das zum Ziel hat, die Haltung zu verändern. Dann haben wir ein Schulungskonzept entwickelt.
JS: Dabei war uns wichtig, dass wir nicht als Lehrer auftreten, die zeigen, wie es menschenwürdiges Leben sein kann. Wir wollten einen Austausch, unsere Erfahrungen teilen
Mit dem medizinischen Personal, also den Ärzt*innen und Pfleger*innen in den Einrichtungen?
JS: Nicht nur. Unser Angebot richtet sich auch an Menschen in der Verwaltung, also den Behörden oder den Einrichtungsleitungen.
Wie wurde das Angebot aufgenommen?
JS: Die Offenheit und das Interesse waren von Anfang an ungeheuer groß. Schon bei unserem ersten Seminarangebot waren 60 oder 70 Menschen. Darunter waren Ärzte, Psychologen, Sozialarbeiter, Einrichtungsleitungen, die kamen aus dem ganzen Land. Auch Leute aus Behörden, die dafür zuständig sind, Einrichtungen zu kontrollieren. Damit hatten wir gar nicht gerechnet. Wir waren unheimlich nervös.
„Cafe Donwtism“, eines der beaknnesten Cafes der iranischen Hauptstadt:

 
Das heißt, dass ein Bewusstsein vorhanden war, dass man manches anders und besser machen kann?
 AD: Ganz sicher. Diese Offenheit und Bereitschaft haben unsere Zusammenarbeit dann auch leicht gemacht.
JS: Wir haben bei unserem ersten Seminar dann drei Tage lang im Grunde genommen einfach nur erzählt, wie wir das hier machen. Das war unser Türöffner. Die Leute, die an diesem Seminar teilgenommen haben, haben das in ihren Einrichtungen erzählt. Und dann kamen immer mehr.
 Seitdem bieten Sie solche Schulungen mehrmals jährlich an verschiedenen Orten im Iran an.
JS: Ja, mittlerweile waren wir etwa fünfzehn Mal dort.
Und hat sich etwas verändert?
AD: Anfangs ging es vor allem darum, Vertrauen aufzubauen. Das lief natürlich viel über meine persischen Sprachkenntnisse. Aber etwas anderes war auch sehr wichtig: Wir haben von Anfang an gesagt: Das, was wir Euch hier vermitteln, trägt nur Früchte, wenn Ihr auch nach Deutschland, nach Berlin kommt, und Euch anschaut, was wir dort machen. Und das haben wir tatsächlich umgesetzt. Das hatten viele nicht erwartet, auch aufgrund anderer Erfahrungen mit europäischen Partnern, die das versprochen, aber nicht eingelöst hatten.
JS: Die erste Gruppe war 2015 hier. Mittlerweile waren sieben Gruppen in Berlin, die dann immer eine Woche bleiben und in Einrichtungen der Lebenshilfe hospitieren, in Wohngruppen, aber auch in der Kita oder in Tagesförderstätten.
AD: Einmal haben wir auch eine Fußballmannschaft aus dem Iran, sieben Menschen mit geistigen Beeinträchtigungen, zu dem inklusiven Fußballfest hergeholt, das die Lebenshilfe einmal im Jahr veranstaltet.
War es kein Problem, Visa für die iranischen Besucher*innen zu bekommen?
Fortsetzung auf Seite 3