Schwierige Hilfe für ein krankes Gesundheitssystem

Auch der in Ratingen praktizierende Onkologe Dr. Naser Kalhori hat bei Bemühungen des Austauschs mit iranischen Kollegen Probleme mit den im Iran verwendeten Produkten erfahren: „Wenn Krebsmedikamente wegen des niedrigeren Preises aus unzuverlässigen Quellen besorgt werden, sind die therapeutischen Wirkungen oft niedrig oder die Medikamente haben Nebenwirkungen.“

Übertragbar aber seien in Europa übliche Behandlungsmethoden, so Kalhoris Erfahrung: „Etwa die des standardisierten Patientenprotokolls, das eine Behandlung dokumentiert.“ Denn auch die postoperative Versorgung von KrebspatientInnen sei im Iran „zu schwach“ sagt, der Onkologe: „Es gibt viele Fälle, in denen der Patient ohne notwendige Kontrollen aus dem Krankenhaus entlassen wird, damit sein Bett für einen neuen Patienten frei wird.“ Solche „Eilverfahren“ verschärften medizinische Fehler.

Dass der Transfer von Technologien oder Materialien in den Iran durch einzelne Kollegen nicht zu bewerkstelligen sei, bestätigt auch der in Bonn tätige Immunologe Professor Ali Reza Ranjbar: „Man braucht dafür viele Ressourcen und große Lieferanten.“ Außerdem gebe es rechtliche Hürden: „Wenn wir etwa iranischen Gesundheitszentren medizinische Geräte schenken wollen, ist das nicht direkt machbar“, so Ranjbar.

Hindernis Verwaltung

Irans Präsident Hassan Rouhani hat zwar mehrfach gefordert, dass im Ausland lebende IranerInnen sich mit ihrem Fachwissen und auch mit Investitionen an der wissenschaftlichen und ökonomischen Entwicklung des Landes beteiligen sollten. Doch ist dies angesichts eines Labyrinths komplexer Strukturen in der iranischen Verwaltung und auch auf dem freien Markt des Landes nicht einfach.

Die Iraner können Medikamente für ein Achtel der Originalpreise in China anfertigen lassen - Foto: iranneeds.com
Iraner können Medikamente für ein Achtel der Originalpreise in China anfertigen lassen – Foto:
iranneeds.com

Möglichkeiten zum Ideenaustausch beschränkten sich deshalb in erster Linie auf den eigenen Bekanntenkreis, sagt der Onkologe Kalhori. Denn die medizinischen Zentren im Iran seien entweder im öffentlichen Besitz oder in privaten Händen: „Erstere werden finanziell und organisatorisch zu 100 Prozent von Regierungsorganen kontrolliert, und die privaten sind ausschließlich profitorientiert. Das ist eine Herausforderung.“

Mit dieser Herausforderung hat auch Nahali Erfahrungen gemacht. Bei einer Reise in den Iran habe man ihm vorgeschlagen: „Wenn ich qualitativ gute Produkte mitbringen würde, könnte man diese für ein Achtel der Originalpreise in China anfertigen lassen.“ Dass „Menschen mit solchen Ideen“ im iranischen Gesundheitswesen arbeiteten, ärgert den Zahnarzt: „Und die Regierung hat keine Kontrolle über die medizinischen Produkte auf dem freien Markt.“

Erfolge in der Forschung

Der Immunologe Professor Jabari pflegt seit über zwanzig Jahren wissenschaftlichen Austausch mit Forschungszentren im Iran und hat dabei bessere Erfahrungen als seine Kollegen gemacht. Trotz Sanktionen, technischer und fachlicher Mängel und der Kommerzialisierung eines Teils der medizinischen Angebote funktioniere der bilaterale Austausch mit drei iranischen Universitäten gut. „Am Institut für Immunologie und Allergie der Teheraner Universität haben wir eine Menge Forschungsarbeit gemacht.“ Die konzentriere sich auf die Erforschung einer genetischen Erbkrankheit, die durch Ehen von Blutsverwandten verursacht werde, erläutert Jabari. „In den vergangenen fünf Jahren konnten wir im Rahmen eines gemeinsamen Projekts von Iran und Deutschland neue Fortschritte auf dem Gebiet dieser unheilbaren Krankheit erzielen. Wir haben es geschafft, für Kinder, die aufgrund genetischer Defekte Lernschwierigkeiten haben, eine passende Behandlung zu finden.“

Vielleicht besteht der Grund für seine positiven Erfahrungen und die Beständigkeit des Forschungsaustauschs darin, dass die Zusammenarbeit der Teheraner Universität und der Deutschen Forschungsgemeinschaft vom EU-Parlament finanziell unterstützt wird. Der Ratinger Onkologe Kalhori dagegen betrachtet seine Bemühungen, medizinische und administrative Normen in den Iran zu übertragen, als „gescheitert“: „Wir haben uns mit Ärzten und Beamten getroffen, aber die verantwortlichen Personen haben nicht mitgemacht.“ Es werde vor allem nach Projekten gesucht, die „kurzfristig profitabel“ seien, so der Eindruck des Ratinger Krebsspezialisten: „Deshalb habe ich nichts Weiteres unternommen.“

    MAHINDOKHT MESBAH

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