Frauensport in der Islamischen Republik

Verblüffend hoch ist das Interesse der Frauen im Iran an Sportarten, die als typische Männersports gelten. So ist neben Fußball auch Rugby bei Iranerinnen sehr beliebt – vermutlich beliebter als in Deutschland. Fast jeder dritte Rugbyspieler im Iran ist eine Frau. Schon 2.000 Spielerinnen gibt es, und das, obwohl es im Iran mit Frauen-Rugby erst vor zehn Jahren losging. Es ist anzunehmen, dass die Begeisterung für Rugby durch die westliche Ausstrahlung dieser Sportart geweckt wird. Genau dieser Aspekt zieht die liberal und weltoffen eingestellten Frauen im Iran an.

Zu Problemen bei der Ausübung der Sportart durch Frauen führe das nicht, sagt Asma Babajani, Kapitänin der iranischen Rugby-Nationalspielerinnen: „Im Iran unterstützen uns alle.“ Was zähle, sei „die Liebe zum Spiel. Dann ist es egal, ob man mit Kopftuch spielt oder ohne.“ Die Trainerin des U22–Rugby-Teams Nazanin Hoseini ergänzt: „Iranerinnen mögen Rugby und andere Sportarten, bei denen es um Vollkontakt geht, so wie Taekwondo oder Karate.“

Anfang Dezember 2016 spielte die iranische U22-Rugby-Nationalmannschaft bei einem Freundschaftsturnier in Berlin und lenkte dadurch auch das Interesse deutscher Medien auf sich. Die Iranerinnen konnten sich dabei  gegen die deutschen Teams behaupten.

Ausschluss von Zuschauerinnen

Der Ausschluss von Frauen als Zuschauerinnen bei Männerturnieren blieb auch unter Hassan Rouhani bestehen. Auch Druck der Weltverbände für Volleyball (FIVB) und Fußball (FIFA) konnten diese Diskriminierung nur in kleinem Umfang und symbolisch aufweichen. Die iranischen Machthaber gewährten lediglich ausländischen Frauen den Einlass in Hallen und Stadien – zur Unterstützung ihrer eigenen Nationalteams.

Immer mehr jungen Iranerinnen und Iraner begeistern sich für Auto-Slalom-Rennen. Selbst in den konservativen Städten lassen sich Tausende Menschen von diesem Motorsport mitreißen. Ende Mai fand das erste Slalom-Rennen in der Pilgerstadt Maschad statt. Hier die Gewinnerinnen des Frauen-Slaloms.
Immer mehr junge Iranerinnen begeistern sich für Auto-Slalom-Rennen

Zur Klärung muss es laut Shahindokht Molaverdi, der iranischen Vizepräsidentin und Frauenbeauftragten der Regierung, weitere Sitzungen mit Vertretern des Innen- und Sportministeriums gegeben. Welche politischen Kräfte sich durchsetzen werden, der konservative Klerus oder der liberalere Staatspräsident Hassan Rouhani, wird sich noch zeigen. Die Geistlichen sind der Auffassung, Frauen dürften nicht dem „unmoralischen und vulgären Verhalten männlicher Fans“ ausgesetzt werden. Die Entscheidungshoheit über diesen Punkt obliegt letztlich dem nationalen Sicherheitsrat.

Hohe Wellen schlug die Verhaftung der britisch-iranischen Studentin Ghontcheh Ghavami vor einem Volleyball-Stadion, wo sie Zutritt zu dem Weltliga-Spiel der Männer zwischen Iran und Italien verlangte. Sie wurde zunächst zu einem Jahr Haft wegen „Propaganda gegen die Regierung“ verurteilt und erst nach Hungerstreiks und einer internationalen Petition auf Kaution entlassen. Laut iranischen Medienberichten wurden inzwischen alle Vorwürfe gegen sie fallengelassen.

Kopftuchpflicht auch im Ausland

Schlagzeilen für den iranischen Frauensport machten Volleyball- und Schachspielerinnen. Mit Zeybab Giweh und Maedeh Borhani spielen zwei iranische Volleyball-Nationalspielerinnen beim bulgarischen Proficlub Shumen. Damit sie weiterhin für die iranische Nationalmannschaft spielen können, müssen sie ihre Vereinswettkämpfe im Ausland unbedingt mit Kopftuch austragen. Dasselbe gilt eigentlich auch für die Schachspielerinnen Shayesteh Ghaderpourb und Atous Pourkashian, die ebenfalls ihr Geld im Ausland verdienen. Für den Hamburger SK verzeichneten die beiden in den vergangenen Saisons viele Erfolge. Dass sie dabei die ihnen vom Iran auferlegte Schleierpflicht vernachlässigten, gereichte ihnen nicht zum Nachteil: Sie wurden weiterhin in die iranische Nationalmannschaft berufen.

FARID ASHRAFIAN

Auch diese Artikel können Sie interessieren:

Der iranische Sport und Präsident Rouhani

Sportarena als Miniatur der Gesellschaft

Die Odyssee einer Frauenmannschaft